Samstag, 16. Dezember 2017

Albanien Reise 2016 - 11. Reisetag

Heike
Vom Thermalbad zum Stausee
 
Wir werden noch vor dem Morgengrauen wach. Warum sind die Gewitter hier nur so laut? Hallen sie von den Bergen zurück? 

Gegen acht Uhr fahren wir mit dem Toyota im strömenden Regen die wenigen Meter bis zum Haus, fragen unsere Wirtin, ob sie uns ein Frühstück zubereitet. Eine Stunde später und mit vollem Bauch klappt Frank das Dachzelt ein, während die Wirtin, ihre Schwiegertochter und ich eine weitere Tasse Kaffee trinken.  

Die kleine Enkelin schaut sich in einer Endlosschleife ein Video ihrer Katze auf dem Tablet an. Am Ende des Films bricht sie jedes Mal in ein wahrhaft dramatisches Heulen aus. Von der Wirtin habe ich in Zeichensprache erfahren, dass die kleine Katze überfahren wurde. Schwiegermutter und Schwiegertochter sprechen sich mittels Augenkontakt ab: Die Selbstkasteiung der Kleinen muss ein Ende haben. Das Tablet wird zugeklappt.

Der Gast aus Mazedonien tritt aus dem Haus. Mit einem breiten Lächeln lässt er uns wissen, dass er sich sehr auf seinen heutigen Thermalbadbesuch freue, bevor er wieder in seinem Zimmer verschwindet. Das bringt mich auf den Gedanken, auch ins Bad zu wollen, schließlich ist der Himmel noch immer grau und dazu ist es echt kalt. Ich bitte die Schwiegertochter mir den Weg zu erklären, aber diese weicht meiner Bitte aus und sagt unerwartet, sie hätte noch im Haus zu tun. Habe ich da Ablehnung und Unwohlsein in ihren Zügen entdeckt? Aber wogegen?
Dank Frank und sein GPS sind wir dann doch noch auf dem Weg zum Bad. Unsere Badeutensilien liegen gepackt auf der Rückbank. 

„In dieser Straße ist das Bad“, sagt Frank und biegt in eine schmale Gasse ein, „Aber denk dran, mehr als zwei Stunden sind nicht drin.“ Meine Augen suchen nach der Aufschrift: Thermale. Sie werden fündig, nur das die Aufschrift an einem verwahrlosten Haus angebracht ist, zudem ist dieses Haus so klein, dass es wohl kaum ein Thermalbad beherbergen kann. Frank folgt meinem Blick, schaut dann wieder auf Straße und GPS. „Das Bad muss sich auf der anderen Straßenseite befinden“, lässt er mich wissen. „Und dort qualmt es auch.“ Mir verschlägt es kurzerhand die Sprache.
„Willst du immer noch baden?“, lacht Frank. „Baden wohl eher nicht“, erwidere ich zögerlich, „Aber mit den Beinen reinstellen kann ja nicht schaden. Zumal das Bad echt gut besucht ist. Und vor allem sind hier mal Frauen!“ Jetzt starrt mich Frank ungläubig an. Wenig später stehen wir bis zu unseren Knien, unter freiem Himmel, im wohltuenden warmen Wasser und genießen gleich mehrere Albanier/innen lachend und herrlich offen gestimmt um uns zu haben. Den Gestank blenden wir aus, ebenfalls den Müll, der verteilt um das „Bad“ herum liegt. 
Wieder zurück im Toyota gibt Frank unser heutiges Ziel ein: Fierce am Koman Stausee. „Wir nehmen die orange eingezeichnete Straße“, sagt er, „und nicht wie geplant, die weiße Straße am schwarzen Drin entlang. Weiße Straßen sind den orangenen untergeordnet, was bedeutet es könnte noch schlimmer wie gestern werden. Das will und kann ich dir nicht zumuten.“

„Weiße Straßen bedeuten doch hier Pisten. Oder?“ Frank nickt. Worauf ich fortfahre. „Da ist die Chance immens höher, dass sich niemand mit dem Legen einer Art Kopfsteinpflaster beschäftigt hat, die Abhilfe schaffen soll und alles nur noch schlimmer macht. Dazu hast du dich auf die Piste am schwarzen Drin entlang gefreut. Und mal ehrlich, schlimmer wie gestern kann es überhaupt nicht werden.“
„Es sind hundert Kilometer“, gibt Frank halbherzig zu Bedenken, während seine Augen strahlen.
Kilometer für Kilometer vergeht, ohne dass wir mit dem Toyota hopsen, springen, schlittern. Mal geht die Piste am Fluss entlang, dann durch die Berge mit Blick zum dunklen Wasserband. Eine wenig vertrauenswürdige Brücke nach der nächsten muss überquert werden. Irgendwann gewöhnen wir uns daran.
Dazu kommen wir heute immerhin auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/ h, und die Landschaft ist echt schön.
Selten begegnen wir Menschen, wenn doch, nehmen diese uns in ihrer allzu oft gebeugten Haltung kaum wahr. Einmal sehen wir einen privaten Krankentransport, der mein Herz zusammen ziehen lässt. Im Fond eines gebrechlichen Geländewagens liegt ein alter Mann in ein Federbett gehüllt. Sein Gesicht ist tief eingefallen, das wenige was wir von seinem Körper zu sehen bekommen wirkt ausgezerrt. Da der Geländewagen von Richtung Tirana kommt, nehmen wir an, befindet sich der Mann mit seinem Fahrer auf den Nachhauseweg. Fragen schießen in den Kopf: Wurde der Mann gut und ausreichend versorgt? Kommt er von einem Krankenhausaufenthalt oder war dies nicht nötig oder hat das Geld dafür nicht ausgereicht?
  
Zur Mittagszeit wollen wir picknicken. Es soll die Pilze geben, die ich gestern vom Fahrzeug aus sammelte. Doch so richtig Appetit habe ich darauf nicht mehr. Wir sind knapp zweitausend Kilometer von unseren heimischen Wäldern entfernt. Was ist, wenn ein Pilz der hier wächst zwar mit einem einheimischen Exemplar starke Ähnlichkeit besitzt aber doch eine ganz andere Wirkung zeigt? „Ich esse keine Pilze mit“, spricht Frank in meine Gedanken hinein, worauf mir der Spruch: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht, erstmals in einem gänzlich anderen Licht erscheint. Nicht mehr nur intolerant und stur, sondern auch schlichtweg vorausschauend. Kommt ganz drauf an, wie weit sich der Bauer von der nächsten medizinischen Versorgung entfernt befindet. Hier sind es gleich mehrere Stunden. Die Pilze übergeben wir wieder Mutter Erde. 
Am späten Nachmittag erreichen wir die Kleinstadt Kukes. Wie die meisten Orte die wir in Albanien bisher kennenlernten, ist auch diese Stadt kaum noch an Hässlichkeit zu überbieten. Gerade ausgestiegen, sind wir von einer Traube Jungs umgeben. Frank und ich gehen in ein Restaurant an dem groß steht: Free Wifi. Wir setzen uns in den unteren Bereich, über uns findet gerade sehr stimmgewaltig eine Hochzeit statt. Zuerst bestellen wir nur Kaffee und Cola, später Salat, gebratenes Hühnchen und selbst geschnittene Pommes. Die Bedienung ist super aufmerksam, das Essen schmeckt einfach nur lecker. Wir empfangen und senden nebenbei Whatsapp Nachrichten und schauen immer mal aus dem Fenster heraus zu unserem Toyota, der von der Jungsgruppe erobert wurde. Sie stehen auf dem Ersatzrad, hängen an der Fahrer und Beifahrerseite. Wir können nur hoffen, dass Freddy sich davon nicht bedroht fühlt. Aber so wie wir ihn kennen, wird er eher interessiert das Treiben beobachten, bereit bei Eindringen in den Innenraum sein Territorium zu verteidigen.
„Wir schlafen heute am Stausee, cirka zehn Kilometer von der Stadt entfernt“, lässt Frank mich wissen. Als wir dort eintreffen ist es bereits dunkel, dazu beginnt es heftig zu regnen. „Kommen wir denn hier wieder hoch?“, frage ich, „falls es so weiter regnet, ist doch die Piste Ruck Zuck weg geschwemmt.“ „Genau das habe ich mich auch gerade gefragt“, erwidert Frank, worauf er das Fahrzeug wendet und Gas gibt, um den Anstieg zu meistern. Wo wir dann genau stehen, können wir nicht sagen. Doch wir stehen gerade und das ist zum schlafen wichtig. Gegen halb neun liegen wir in unseren „Betten“, lesen uns gegenseitig noch was vor, massieren uns und schlafen schließlich gegen zehn Uhr ein.

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