Donnerstag, 2. März 2017

Albanien Reise 2016 - 6. Reisetag

Heike
Wolkenbrüche & einsame vermüllte Strände

Zu wenig Schlaf und graue Wolken, machen es mir schwer, aufzustehen. Ist es je vorgekommen, dass Frank im Urlaub oder an den Wochenenden vor mir aufstand? Ich glaube nicht. Damit ist heute Premiere. Frank wirtschaftet draußen herum, während ich weiter vor mich hin döse, ein wenig lese und wieder döse. Frank ruft „Willst du nicht langsam mal aufstehen?!“ Nein, möchte ich nicht. Aber liegen bleiben kann ich ja auch schlecht. Mit aufgestelltem Dachzelt fährt Frank bestimmt nicht los. Draußen angelangt, lasse ich mich

überraschen. Die Luft ist wärmer als gedacht, durch den Regen wirkt alles reingewaschen, dazu duftet es nach Kräutern, Holz und Seeluft. Und Frank hat bereits den Frühstückstisch gedeckt. Die Bewohner des Womos fahren irgendwann ab, ohne das wir sie zu Gesicht bekommen hätten, die des VW Busses müssen irgendwann in der Nacht oder am sehr zeitigen Morgen abgefahren sein. Wir lassen uns viel Zeit mit unserem Frühstück. Zwischenzeitlich fährt ein PKW auf den Parkplatz, ein Mann und zwei Frauen steigen aus. Der Mann kommt auf uns zugestürzt, teilt uns auf russisch mit, wie toll er unseren Toyota findet. Die zwei russisch sprechenden Frauen folgen ihm langsamer, und fragen, ob sie uns fotografieren dürfen. Ein Nicken später sind zwei Kameras auf uns gerichtet, während die Dritte den Toyota umkreist.
Es ist gegen elf Uhr, als wir, neben etlichen Reisebussen, einigen albanischen Geländewagen und drei Womos vor der Ausgrabungstätte von Burint einparken (2 km von unserem Schlafplatz entfernt). Wir zahlen und starten per Reiseführer unseren privaten Rundgang. Der starke Regen von gestern und heute Nacht hat viele Wege unpassierbar gemacht. Doch genau das erweist sich für uns als Vorteil. Denn viele Ruinen können wegen riesigen Pfützen nicht betreten werden, sei denn man ist nicht in einer großen Reisegruppe unterwegs und man kann gut klettern. Damit haben wir u.a. das Theater und den Tempel ganz für uns allein. 
Frank geht im antiken Theater auf Geocache Suche. Ich setze mich in den Bereich des einstigen Tempels und schließe meine Augen. Mag es Einbildung sein oder nicht, aber mir gelingt es fast immer an solchen so genannten Kraftorten in der Tat Kraft zu tanken, dazu Energie, Vertrauen und Zuversicht. Frank fühlt sich ebenfalls von der ganzen Ausgrabungstätte berührt. Leichter Nebel wabert durch die Ruinen, die Blätter der Bäume und Büsche glänzen, ein süßlicher angenehmer Geruch liegt in der Luft. Andächtig klettern und gehen wir weiter und lesen uns gegenseitig aus dem Reiseführer vor.
Im östlichen Bereich grenzt die Ausgrabungstätte an die Lagune von Butrint. Aus den Nebelschwaden heraus sehen wir Fischer. Mystik, Stille, Demut wabert um uns herum … bis wie aus dem Nichts ein solcher Regen einsetzt, der die Ausgrabungstätte in null Komma nichts so dermaßen voll laufen lässt, das man glauben könnte, Ausgrabungstätte und Lagune wären eins. Etwas noch nie vorgekommenes passiert. Aus unseren mehreren Hundert
Euro teuren Gore–Tex Jacken tropft es, was heißt tropft, es strömt. Dazu „schwimmen“ wir in unseren wasserdichten Wanderschuhen. Als wir den Toyota erreichen gibt es nichts mehr an uns was trocken ist. Jeder vor seiner Tür stehend ziehen wir uns bis auf die Unterwäsche aus, und springen hinein. Dort befreien wir uns auch noch von unserer Unterwäsche und wickeln uns in Handtücher und Decken. Irgendwann ist der Wolkenbruch vorbei, zaghaft wagen sich einige Sonnenstrahlen und wir nach draußen. „Lass uns unsere Sachen einsammeln und in Mülltüten legen“, schlägt Frank vor. „Heute Abend machen wir die Heizung an, ziehen Leinen durch den Toyota und lassen alles trocknen.“
„Hallo“, werden wir auf deutsch angesprochen, „Ihr seid ja mächtig nass geworden. Wenn ihr wollt, könnt ihr gern bei uns im Womo einen heißen Tee trinken.“ Das Angebot nehmen wir dankend an. Annette und Heinz, beide an die sechzig bereisten Albanien für zwei Wochen und befinden sich auf dem Rückweg – Igoumenitsa, Fähre, Italien, Deutschland. Das Wetter sagen sie, sei schon seit einer Woche nicht gut. Frank und ich arbeiten (nach der zweiten Tasse Tee im Womo) im Toyota unseren Plan um, der besagte, die ersten zwei drei Tage gammeln am Meer. Doch Strand ohne Sonne? „Wir fahren bis Sarande am Meer entlang und biegen dort in die Berge ab“, zeigt Frank auf die Landkarte. „Dann könnten wir diese Nacht am "blauen Auge" nächtigen“, schlage ich vor, „laut Reiseführer soll der See selbst sehr schön sein, ebenso die Umgebung. Und für uns wäre das kaum ein Umweg.“ „Gute Idee“, stimmt Frank
zu. Doch kurz vor Sarande setzt erneut Starkregen ein, fast zeitgleich trifft eine SMS vom Pistenrudel ein. „Mit unserem morgigen Treffen wird leider nichts. Schlechtes Wetter und zugemüllte Strände haben uns aus Albanien davon gejagt. Wir sind bereits in Griechenland.“ Schade, wir hatten uns auf das Treffen mit Dani und Andre`gefreut (wir lernten sie im Frühjahr in Marokko kennen, wie es der „Zufall“ wollte hieß unser beider Reiseziel für den Herbst: Albanien), dazu zieht mich die Botschaft der Zeilen runter. Vertrieben von schlechtem Wetter und Müll... Der Regen ist jetzt so heftig, das unsere Scheibenwischer kaum noch hinter her kommen. Im Schneckentempo erreichen wir Sarande. Frank spricht aus, was ich denke,„Bei diesem Wetter brauchen wir erst gar nicht die Berge anzusteuern, nicht bei den Straßenverhältnissen die hier herrschen sollen. Da ist ja alles aufgeweicht, und dazu hätten wir Null Aussicht.“
„Dann lass uns ein Restaurant am Meer suchen“, schlage ich vor, „Wir essen etwas, lesen, schreiben, irgendwann muss der Regen ja mal ein Ende finden.“ „Zuvor steuern wir noch einen Supermarkt an. Ich will mal wissen, was es hier so zu kaufen gibt. Vor allem brauchen wir …“ Ich beende seinen Satz, „Brot“. „Genau“, grinst Frank zurück, „Davon kann man nie genug haben.“ Ich kontere, "Nicht man sondern der Mann." Der kleine Supermarkt ist gut sortiert, es gibt fast alles, was man auch in einem deutschen kleinen Supermarkt bekommen könnte, sogar zu sehr ähnlichen Preisen (im nicht nachvollziehbaren Vergleich dazu steht, die geringen Beträge die wir bisher in den Restaurants zu zahlen hatten). An der kleinen Strandpromenade, die wir nun ansteuern, sind zwar genügend Parkplätze (Wer will bei dem Wetter auch schon an den Strand?), jedoch sind diese Gebührenpflichtig, was nicht das Problem darstellt, sondern das es keine Parkautomaten gibt. Also warten wir ab, bis es weniger regnet und fragen dann bei Einheimischen nach. Es heißt, ein Mann würde regelmäßig hier vorbei kommen und Parktickets verkaufen. Kommt er aber nicht. Nicht nach fünf, nicht nach zehn Minuten. Den Toyota so stehen lassen? Heikel, möglicherweise sitzt die Polizei trockenen Fußes in einem Café und just in dem Moment, indem wir unser Fahrzeug verlassen, schießen sie hervor und verteilen Knäulchen oder noch schlimmer die Wegfahrkralle. Also besser weitersuchen. 
Wir werden einen knappen Kilometer weiter fündig. Ein kleines Restaurant am Meer mit eigenem Parkplatz. Nur aussteigen geht gerade nicht, wollen wir nicht innerhalb weniger Sekunden erneut bis auf die Unterwäsche nass werden. Nach etlichen gemeinsam gelesenen Seiten im Reiseführer lässt das Trommeln auf dem Toyotadach ein wenig nach, wir sprinten ins Restaurant. Während wir Wein (Heike), Kaffee (Heike), Cola (Frank) trinken und jeder eine Pizza vertilgen (was anderes gibt es nicht) schüttet es draußen weiter. Die Palmen biegen sich, etliche Wedel liegen bereits am Boden. Das Meer brüllt heran, um sich ebenso laut wieder zurück zu ziehen. Nach über zwei Stunden traut sich die Sonne heraus und damit alle Personen die sich in der Pizzeria befinden. Also wir, der Wirt, der Kellner und der Koch.
Ohne dunkle Wolken und mächtigen Regengüssen sieht die Stadt auch nicht einladender aus. Hinter der Pizzeria steht ein Hochhaus neben dem nächsten. „Es scheint“, sage ich zu Frank, „als würde die Stadt auf Abertausende Touristen spekulieren. Nur das diese angesichts der hässlichen Betonklötze und dem zugebauten Strand wohl kaum in Scharen kommen werden.“ 
Neuer Plan: Wir fahren doch an der Küste weiter (in der Pizzeria hatten wir Internetverbindung, ab morgen soll die Sonne  scheinen) bis wir einen einsamen Strand für die Nacht gefunden haben. Wir finden gleich Drei. Nur sind alle drei Strände komplett zugemüllt. „Dann wohl doch die Empfehlung von Annette und Heinz“, schaue ich Frank an, „Sie haben doch von Himare erzählt, von einem kleinen Zeltplatz den ein Grieche betreibt.“ Frank nickt, „Klingt vernünftig.“
Wir erreichen den Strand von Himare in der Dunkelheit. Insgesamt zählen wir drei Campingplätze. Auf dem Ersten steht kein einziges Fahrzeug, auf dem zweiten zwischen sechs und acht Wohnmobilen, auf dem Dritten ist wieder völlige Ruhe. Kein Fahrzeug, kein Licht in der kleinen Kneipe, kein Grieche Dimitri.
Wir parken ein, stellen das Dachzelt auf, gehen mit Freddy zu Campingplatz Nummer Zwei. Das kleine gemütliche Restaurant hat zwar geöffnet, aber für ein Essen kommen wir zu spät. Wir gehen an Campingplatz Nummer eins vorbei, finden jedoch weiter vorne im Ort kein offenes Restaurant. „Also doch zu Campingplatz Nummer eins“, stelle ich fest. Frank sieht mich zweifelnd an, „Du willst ernsthaft in dieser Schmuddelküche essen? Sonst hast du dich da eher äppelig.“ Erstens haben wir vorhin beim vorbei gehen gar nicht in die Küche hinein gesehen, sondern nur in den hässlich grell erleuchteten Gastraum. Zweitens haben wir Hunger. Und drittens keine Lust zum kochen." Im Gastraum werden wir von einem jungen Albaner, vielleicht um die fünfundzwanzig Jahre, äußerst warmherzig empfangen. Freddy darf auch mit hinein. Leider sprechen wir kein albanisch und er kein englisch. Wir schauen uns um, nirgends eine Speisekarte zu entdecken, also Hunger gestikulieren. Sein Gesicht leuchtet auf, „Mama“, sagt er, dreht sich um, geht in seine kleine Küche, wir folgen ihm bis zur Küchentür. Er holt eine Auflaufform aus dem Kühlschrank, säuberlich abgedeckt mit Frischhaltefolie. Aus dem Schrank nimmt er einen kleinen Teller, legt darauf einen kleinen Haps aus der Auflaufform, macht dies in der Mikrowelle warm und hält es uns hin. „Gut, lecker“, befinden Frank und ich. Der Albaner nickt stolz, sagt noch einmal „Mama“, so das wir davon ausgehen können, seine Mama ist die Köchin hier (und hoffen, dass die Auflaufform nicht ausschließlich für ihren Sohn angedacht war, als Art Wochenration, damit der „Junge“ ja nicht Hunger erleidet, während er auf Camper wartet). Dann zeigt er uns Tomaten, Gurken, Zwiebeln. Wir verstehen dies als Angebot für einen Salat, und nicken. Cola versteht er auf Anhieb, Vino weniger. Aber wer gern reist, kann gut gestikulieren und damit habe ich recht bald einen leckeren Rotwein vor mir stehen.
Freddy hat zu unserem Erstaunen die Augen geschlossen und schlummert zuckend unterm Tisch vor sich hin. Frank und ich unterhalten uns lautstark, um die albanischen Nachrichten im Fernseher zu übertönen.  
Erster Gang: gut angerichteter und gewürzter Salat mit Tzatziki, Drücken auf die Fernbedienung – wir hören jetzt Musik, Zweiter Gang: Mamas Auflauf, super lecker, auch, wenn wir nicht raus bekommen, was wir genau an Fleisch und Gemüse essen, Unterhaltungsprogramm: Musik aus dem Fernseher, mitsingender Wirt
Dritter Gang: kommt zu unserer Überraschung (wir hatten diesbezüglich ja nichts bestellt), es gibt aufgeschnittene Äpfel und die „Kullern“ vom Granatapfel, Unterhaltungsprogramm: Musik leiser gestellt aus dem Fernseher, vor dem Fenster fährt ein Jeep vorbei, „Das ist Dimitri“, teile ich Frank mit, der mich daraufhin verständnislos anschaut, „Wie kommst du denn darauf?“, „Der Strand ist wie ausgestorben, und die Straße endet bei Dimitri. Wer anders als er sollte jetzt noch hier entlang fahren? Wetten wir, dass der Jeep nicht zurück kommt?“ Frank schüttelt mit dem Kopf, „Keine Lust zum verlieren.“

Wir laufen direkt am Meer zurück. Auf dem Campingplatz angekommen, parkt der Jeep davor. Das Meer rauscht unsanft, als wir uns in unsere Schlafsäcke kuscheln. 

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