Donnerstag, 29. September 2016

Marokko Reise 2016 - Donnerstag, den 21.04.2016

Heike
Donnerstag, 22. Reisetag

Auf zum Atlantik, zu einem Ort mit dem witzigen Namen: Moulay Bousselham
 

Mit meinem Erwachen am nächsten Morgen, weiß ich,  der Spuk ist vorbei. „Freue dich nicht so früh“, ermahnt mich Frank, „So was kann schon mal mehrere Tage andauern.“ Ich schüttle mit dem Kopf, „Das glaube ich nicht. Auf mein Immunsystem kann ich mich verlassen. Ich bin da durch.“
In Gedanken frage ich mich, was tatsächlich der Auslöser war: die Scampis in der Garküche; das Teeglas im schmuddeligen Cafe´ Argana, an dem ich kurz nippte;  das Glas mit der frisch gepressten Grapefruit – denn, woher sollen die Verkäufer auf einem Markt heißes und überhaupt ausreichendes Wasser haben, um die Gläser zu spülen …;  der winzige Schluck vom nächtlichen Kräutertee? Wir haben überall in Marokko gegessen und getrunken. Warum hat es mich ausgerechnet in Marrakesch erwischt? Ich glaube, ich kenne die Antwort. Mein Immunsystem war eingeknickt, geschwächt, auf Grund meiner immer wiederkehrenden Gefühle von Ekel, Ablehnung, Wut, Trauer und dieser furchtbaren Hilflosigkeit und damit hatten die Keime „freie Fahrt“. „Wir können heute noch hier bleiben“, sagt jetzt Frank, „Du ruhst dich noch einen weiteren Tag am Pool aus und ich leiste dir Gesellschaft.“ „Nein, wir fahren“, erwidere ich. „Wie ausgemacht.“ „Aber dann solltest du doch lieber Tabletten gegen Durchfall einnehmen. Sei denn, du willst während der gesamten Fahrt auf dem Klo hocken. Du weißt doch wie die Straßen hier sind!“ „Ich bin da durch. Wirklich!“ Und ich habe ganz bewusst keine Tabletten genommen. Aus meiner Sicht ist das so: Wer den Durchfall sofort unterdrückt lässt auch nicht zu das die krankmachenden Keime  mit ausgeschieden werden können. Es ist wie beim Fieber. Auch da sollte man nicht sofort eingreifen. Denn u.a. ist Fieber das einzig wirksame Mittel gegen Viren (Antibiotika helfen nur bei Bakterien). 
„Ich gehe jetzt ausgiebig duschen“, greife ich mein Handtuch und meine Waschtasche, „danach bereite ich das Frühstück zu, für dich gebratene Eier und Gemüse, für mich trockenes Fladenbrot und Banane und nach dem Essen fahren wir los“,  Gesagt, getan. Kurz nach neun Uhr rollen wir vom Zeltplatz herunter. Unser heutiges Ziel Moulay Bousselham an der Atlantikküste.
Ca. acht Kilometer vom Campingplatz entfernt ist ein großer Töpferstand an der Straße. Ich bitte Frank anzuhalten, suche mir einige schöne Sachen aus, zeige diese Händler und Frank und schaue mir noch mehr an, währenddessen die Männer handeln.  Ich kann es nicht oft genug betonen, eine wunderbare Art einzukaufen. Wieder einige wenige Kilometer weiter, rufe ich erneut, „Halt mal bitte an“, Frank folgt meinem Blick. „Wir haben doch schon so viel Obst.“ Dennoch verringert er die Geschwindigkeit und ich setze schnell nach, „Aber das Obst kennen wir noch nicht. Lass es uns doch mal probieren.“ Jetzt wird sein Blick skeptisch, „Du kannst probieren. Ich nicht!“ Ich warte bis der Toyota steht und ich draußen stehe, „Du auch! Da kommst du nicht herum. Wer ein Land bereist sollte auch seine Früchte kennenlernen.“ Die Früchte sind oval, gelblich, in der Größe von Eierpflaumen, haben einen relativ großen Kern und schmecken säuerlich. Überrascht sieht mich Frank an, „Die schmecken echt gut.“
Nächster Stopp ist in Mohammedia, eine völlig unscheinbare größere Stadt, direkt neben der Autobahn, in der wir den großen Supermarkt der Kette Marchan´ aufsuchen. Nach all den vielen Tagen, in denen wir nur in kleinen Lädchen einkauften, auf Märkten oder direkt beim Bauern, bin ich von der Vielfalt überwältigt. Es gibt alles, was es auch in Deutschland in einen Supermarkt gibt, ebenso ordentlich eingepackt und eingereiht. Nur in der Gemüseabteilung gibt es zusätzlich etliche  eingelegte Oliven, die man offiziell probieren darf (da vergesse ich doch glatt weg, das ich heute auf Diät bleiben wollte) und ganze Säcke angefüllt mit Gewürzen (das riecht so lecker), sowie getrockneten Bohnen, Linsen und Cous Cous. Alles zum selbst abwiegen. Ach, denke ich, die haben eine CD laufen mit Vogelgezwitscher, wie entspannend. Bis ich den ersten Vogel sehe, der vor mir auf einen Salatkopf landet. Ich schaue nach oben. Nichts mit CD alles echt :-) Hier fliegen die Vögel durch die Halle, gut genährt und äußerst gut gestimmt. 
Unser nächster Stopp findet am Strand statt. Frank warnt mich vor, „Freue dich nicht zu früh. Die Strände hier sind meistens sehr dreckig und das Wasser des Atlantiks sehr kalt.“ Ich packe alles zusammen um uns am Strand ein Picknick zu bereiten. Ja, denke ich, der Müll ist alles andere als schön. Doch der Geruch des Meeres, die hohen Wellen, die verschiedenen Muscheln die überall herum liegen und zwischendrin unser Freddy, der wie wild am Strand entlang
läuft und immer wieder in die Wellen springt, lenken meine volle Aufmerksamkeit auf sich und erfüllen mich mit purer Freude. Wir finden eine   saubere windgeschützte Bucht, ich bereite uns einen Salat zu, Frank geht derweil fotografieren. Als wir zu unserem Toyota zurück kommen, grinsen Frank und ich uns an. Wie kann es auch anders sein? Direkt neben unserem Wüstenfuchs sitzt ein Mann in einer orangen Warnweste. Er sieht uns, erhebt sich, erklärt uns er habe auf unser Fahrzeug aufgepasst. Wir sagen
Danke, geben ihm Dirham`s und weiter geht’s. Also Frank fährt, Freddy schläft und ich schreibe, eingehüllt vom Duft von Amber und Moschus. Die Duftsteine die es in ganz Marokko zu kaufen gibt sind nur wenige Zentimeter groß, haben es aber echt in sich.
Am späten Nachmittag erreichen wir das Dorf Moulay Bousselham. Wir kommen an und die Sonne wird von Wolken verdrängt. Damit passiert das, was sicherlich viele aus dem Süden kennen. Mit Sonnenlicht alles hui, ohne Sonne vielleicht nicht Pfui aber zumindest ein Oh je. Wir fahren einmal hin und einmal zurück, steuern dann den Zeltplatz direkt an der wunderschön anzusehenden Lagune an. Im weitläufigen Campingareal fällt unser Blick auf einen Jeep Wrangler, davor steht ein Pärchen und winkt uns freudig zu.
 Wir winken ebenso freudig zurück. Frank fragt, „Kennen wir die Beiden?“ „Nicht das ich wüsste“, erwidere ich. Wir halten neben dem Paar,  und  damit geht es wieder los mit dem „Hallo...woher, wohin des Wegs“. Frank möchte unser Dachzelt hier ausklappen, ich möchte mir den zweiten Campingplatz ansehen, der in unserem Reiseführer als parkähnliche Anlage beschrieben wird. Dani und Andre´ mit dem Jeep Wrangler meinen, auch in ihrem Womoführer sei dieser zweiter Campingplatz als der „bessere“  beschrieben wurden aber irgendwie wären sie hier gelandet. Wir ja auch, und damit hätte ich es als Fügung akzeptieren können. Aber nein, ich beharre darauf den anderen Platz zumindest mal anzusehen. Wir drehen eine Runde durch die „parkähnliche“ Anlage – alles zugewuchert, das Laub der letzten Jahre in Haufen vom Wind aufgestapelt, unbewirtschaftet, einsam und verlassen. Frank grinst, ich strecke ihm die Zunge raus, denn seine Gedanken sind locker zu erraten. Wir parken
erneut neben dem Jeep vom „Pistenrudel“, klappen unser Dachzelt auf, quatschen noch eine Weile mit den Beiden und gehen danach ins Dorf, indem gerade das Fest der Erdbeere gefeiert wird, hinab durch eine kleine Gasse an den  Strand. Ich liebe es den starken Wind zu spüren, gegen den wir uns stemmen müssen, liebe die starke Brandung, könnte Kilometer weit laufen. Frank seine
Begeisterung  hält sich in Grenzen, zumal es ohne Sonnenschein und starkem Wind recht kühl ist. Dennoch lacht er mit mir, denn Freddy und seine ausgelassene Freude zu erleben ist einfach nur göttlich. Unser Hund tobt herum, dreht Kreise auf dem Sand, buddelt,  springt in die Wellen hinein und rennt vor ihnen davon. Er bekommt Durst und ist überrascht, das wir ihm das Trinken verbieten. Seine Augen schauen uns ungläubig an, so als würden er fragen: Hallo?! Ich darf aus jedem See, jeder Pfütze, jedem Fluss trinken und hier nicht?! Was ist denn in euch gefahren? Dennoch gelingt es ihm ab und an einen Schluck zu ergattern, wovon er natürlich noch mehr Durst bekommt. Er beobachtet uns nun sehr genau, kurz weg geschaut und Schleck, geht die Zunge ins Wasser. Wieder im Dorf setzen wir uns in ein Restaurant, Frank gibt seine Bestellung auf, ich verzichte. Mir geht es zwar wirklich wieder gut aber die Sauberkeit des Restaurants ist für mich nicht so verführerisch.
Zurück auf dem Zeltplatz begreife ich, warum der Zeltplatz von  zwei Meter hohem Drahtzaun umgeben ist, der unten in Zement eingelassen und zusätzlich mit hoch aufgerichteten Glasscherben versehen wurde. Diese Sicherheitsmaßnahmen scheinen mir nach dem Spaziergang durch Moulay Bousselham berechtigt. Denn dort laufen schon einige recht dunkle Gestalten herum, konkret Männergruppen mit äußerst finsterem Blick. Männer denen wir jenseits des hohen Atlasgebirges im Berber - Gebiet nicht begegneten. Dort hüten die Menschen Schafe, Ziegen, transportieren mit ihrem Esel Waren, bauen Gemüse und Obst an. Sie haben eine Aufgabe im Leben und damit einen Sinn. Den Männergruppen hier scheint es genau daran zu fehlen.
Mit unseren Nachbarn trinken wir noch einen Pfefferminztee mit viel Zucker und natürlich aus dem hohen Strahl.  Wir sitzen unter einem weit ausladenden Baum, um uns vor dem einsetzenden Nieselregen zu schützen, schauen durch Maschendraht auf das ruhige vom Mond beleuchtete Meer, tauschen unsere Erfahrungen aus, auch was die bettelnden Kinder betrifft. Von einer Lösung sind wir weit entfernt. Wir haben verschiedene Meinungen diesbezüglich auf unserer Reise gehört, eigene Erfahrungen gesammelt aber noch immer wissen wir nicht, wie damit umgehen.  Dani und Andre´ erzählen uns von anderen Reisenden die Kindern Bonbons aus dem Fahrzeug warfen, ohne auch nur anzuhalten, aus voller Fahrt! Sowohl Dani und Andre` als auch wir selbst haben von Einheimischen erfahren, das diese es nicht gut finden, bettelnden Kindern zu geben. Einige von ihnen wollten nicht mehr zur Schule gehen, da ihnen das Betteln an der Straße lukrativer erscheine. Wir haben Kindern gegeben die sich über Obst und Kekse freuten und Kindern die mehr wollten – z.B. unsere Schuhe. Auch tauschen wir uns über unsere haarigen Kinder aus, denn auch die Zwei vom Pistenrudel reisen mit Hund. Allerdings geht es  ihrer Hündin Ronja derzeit nicht gut, sie hinkt arg auf einer ihrer Vorderpfoten. Und zu guter Letzt stellen wir fest, dass wir in zwei Tagen mit der gleichen Fähre nach Genua fahren werden.  Zuvor wollen Andre´ und Dani noch weiter am Atlantik nach oben fahren, wir wollen morgen hinüber zur Mittelmeerküste. Die Anzahl der Kilometer ist dabei ähnlich, nur das am Atlantik die Autobahn verläuft  und unser Weg über Landstraßen führen wird.

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