Heike |
Donnerstag, den 14.04.2016, 15. Reisetag
Fossilienhändler &
Oasenstädte und eine
„Fleischerei“ im Hammam
Am Morgen werden Frank und ich gemeinsam wach. Zunächst überlege ich, ob ich auch diesen Morgen vor Sonnenaufgang aufstehen
will. Der Sturm hielt bis 4 Uhr, erst danach kamen wir zum schlafen. Die Freude
auf den Tag siegt. Wir werfen unsere offenen Schlafsäcke ab, breiten vor dem
Auto die Decke für Freddy aus, lassen uns auf unsere Stühle fallen.
Noch bevor wir die Sonne sehen, färbt sich das Bergmassiv vor und die Düne rechts von uns orange. Es ist ein weiches und grelles Licht zugleich. Wir halten uns an den Händen, schweigen und genießen. Später dann Eier und Gemüse braten, während Frank mit Klopapierrolle und Freddy
Noch bevor wir die Sonne sehen, färbt sich das Bergmassiv vor und die Düne rechts von uns orange. Es ist ein weiches und grelles Licht zugleich. Wir halten uns an den Händen, schweigen und genießen. Später dann Eier und Gemüse braten, während Frank mit Klopapierrolle und Freddy
verschwindet. Wir frühstücken gemeinsam mit Uli und
Gisela, überrascht dass auch an diesem Morgen kein unerwarteter Gast sich in
unsere Nähe gesellt. Frank holt eine Landkarte, grinst Gisela und mich an, „Ich
will euch mal auf der frauenfreundlichen Karte zeigen, wo wir uns befinden.“
Ja, da sieht die Grenze nach Algerien gleich viel weiter entfernt aus. Aber das
interessiert uns nun auch nicht mehr. Als wir alles eingeladen haben, fällt uns auf, dass
unser Freddy heute scheinbar keine Lust hat weiter zu reisen. Statt, wie sonst,
mit dem Schwanz wedelnd neben dem Toyota zu stehen, lässt er die Ohren hängen.
Wir müssen ihn ermuntern auf seinen Platz zu springen. Dort angekommen, beginnt
er zu zittern. Ratlos schauen Frank und ich uns an. Ich erwähne, „Er war schon gestern Abend so komisch.
Nach unserer Kuschelrunde blieb er liegen, statt wie sonst rumzutoben.“ Frank
erwidert nachdenklich, „Ich musste ihn heute Morgen regelrecht überreden, mit
mir mitzukommen.“ Liegt es an der Hammada – der Wüste der vielen runden und
spitzen Steine, die ihm das Laufen erschwert oder sogar Schmerzen bereitet? An
der Hitze? Aber warum wollte er dann nicht ins Auto? Mit einem zitternden Hund
loszufahren kostet Überwindung. Bisher
kannten wir so ein Verhalten nur von dem Tag, der dem Tag mit seinem Erbrechen
im hohen Atlas folgte. Aber da zitterte er bei weitem nicht so, wie er es jetzt
tut. „Der Fossilienhändler zu dem wir wollen, lebt im
nächsten Dorf.
Das müssten wir nach weniger als zehn Kilometern erreichen“, lässt Frank den Toyota an. Er fährt, ich streichle Freddy, rede ihm gut zu. Er zittert weiter, bis in das Dorf Sidi Ali hinein. Dort lebt der Fossilienhändler, den Frank bereits im Jahr 2013 besuchte. Oder korrekter gesagt, in dessen Auberge Frank und seine Freunde, während eines Sandsturmes „hinein getrieben“ wurden. Er sagte, sie hätten nach einem schützenden Unterschlupf Ausschau gehalten und „plötzlich“ hätten sie vor der Auberge gestanden. Wir parken den Sprinter und den Toyota im ummauerten Innenhof mit Büschen voller blühender Oleander. Der Fossilienhändler kommt heraus, wir reichen uns die Hände, legen anschließend alle unsere Hand aufs Herz und … Ja, wir trinken erstmals zusammen süßen frischen Pfefferminztee aus dem hohen Strahl. Danach durchstöbern wir alle vier den kleinen Laden. Wie Frank sind auch Uli, Gisela und ich begeistert, was der Mann hier in seiner Gegend alles an fossilen Steinen fand und wie er aus diesen die Ur-Tiere heraus arbeitete. Frank konnte 2013 dem Fossilienhändler bei der Arbeit zusehen. Er erzählt, dass dafür Werkzeuge benötigt werden, die denen aus einem Zahnlabor ähneln. Doch vor allem würde die Arbeit Stunden dauern. Ich bin oft erstaunt, wie erfinderisch die Menschen – hier und auf der ganzen Welt - sind, was das ver–dienen betrifft. Die meisten Marokkaner dienen ihren Mitmenschen indem sie Gemüse, Gewürze, Obst etc. verkaufen, andere gehen in die Natur und suchen dort nach schönen Dingen, wieder andere verdingen sich im Tourismus. Die meisten sind davon ehrlich, manche setzen überteuerte Preise an und einige wenige sind kleine „Banausen“, die sperren gleich mal die Straße im eigenen Dorf ab, um sich als Guide anbieten zu können.
Das müssten wir nach weniger als zehn Kilometern erreichen“, lässt Frank den Toyota an. Er fährt, ich streichle Freddy, rede ihm gut zu. Er zittert weiter, bis in das Dorf Sidi Ali hinein. Dort lebt der Fossilienhändler, den Frank bereits im Jahr 2013 besuchte. Oder korrekter gesagt, in dessen Auberge Frank und seine Freunde, während eines Sandsturmes „hinein getrieben“ wurden. Er sagte, sie hätten nach einem schützenden Unterschlupf Ausschau gehalten und „plötzlich“ hätten sie vor der Auberge gestanden. Wir parken den Sprinter und den Toyota im ummauerten Innenhof mit Büschen voller blühender Oleander. Der Fossilienhändler kommt heraus, wir reichen uns die Hände, legen anschließend alle unsere Hand aufs Herz und … Ja, wir trinken erstmals zusammen süßen frischen Pfefferminztee aus dem hohen Strahl. Danach durchstöbern wir alle vier den kleinen Laden. Wie Frank sind auch Uli, Gisela und ich begeistert, was der Mann hier in seiner Gegend alles an fossilen Steinen fand und wie er aus diesen die Ur-Tiere heraus arbeitete. Frank konnte 2013 dem Fossilienhändler bei der Arbeit zusehen. Er erzählt, dass dafür Werkzeuge benötigt werden, die denen aus einem Zahnlabor ähneln. Doch vor allem würde die Arbeit Stunden dauern. Ich bin oft erstaunt, wie erfinderisch die Menschen – hier und auf der ganzen Welt - sind, was das ver–dienen betrifft. Die meisten Marokkaner dienen ihren Mitmenschen indem sie Gemüse, Gewürze, Obst etc. verkaufen, andere gehen in die Natur und suchen dort nach schönen Dingen, wieder andere verdingen sich im Tourismus. Die meisten sind davon ehrlich, manche setzen überteuerte Preise an und einige wenige sind kleine „Banausen“, die sperren gleich mal die Straße im eigenen Dorf ab, um sich als Guide anbieten zu können.
Ohne Absprache zeigen Frank und ich auf denselben fossilen Stein, wir grinsen uns an, der Fossilienhändler kommt hinzu, ich gehe
in den kleinen Gastraum, bestelle mir
einen Tee. Kurzum, die Männer machen Geschäfte, ich lasse es mir gut gehen :-)
Auch hier sind an fast sämtlichen Wänden Bänke aufgestellt, die mit bunten Teppichen
belegt sind. Ich muss zweimal hinschauen... unter dem einen Teppich liegt
jemand. Ach, unter dem anderen ja auch. Während ich meinen süßen Tee trinke,
erwachen die zwei ca. fünfzehnjährigen Jungen, reiben sich verschlafen die
Augen, strecken und recken sich. Dieser Gastraum ist scheinbar zugleich Wohn-
und Schlafraum der Familie.
Wenige Kilometer nach dem Dorf tut sich ein
„Sandkasten“ auf. Frank fährt
einige Dünen an, bleibt dann auf einer stehen. Wir steigen aus und
beobachten fasziniert, wie unser Freddy, der erneut im Fahrzeug zitterte, die
Düne bäuchlings herunter rutscht, die nächste Düne herauf galoppiert, wieder
bäuchlings runter.....Das bei mittlerweile voller Sonne. Also
an der Hitze kann
es schon mal nicht liegen. Also, doch an den Steinen?! Bleibt aber immer noch
die Frage, warum zittert er so im Fahrzeug? Weiter geht es mit Musik von Eric
Clapton, einem etwas weniger zitternden Freddy,
durch eine karge wunderschöne
Landschaft. Ich träume vor mich hin, schlafe fast ein und reiße dann die
Augen auf. Sehe ich das richtig? Das kann doch gar nicht sein. Meine Augen
wandern vom „Wunder“ nach rechts. Palmen in einer Linie aufgefädelt und noch
weiter ein Palmenhain. Aha, hier muss Wasser fließen, zumindest unterirdisch.
Und das brauchen nun mal.....
„Frank, halt mal an.“ „Musst du mal?“ „Nein“, grinse ich, „Aber wir fahren gerade durch ein
Melonenfeld.“ Frank sieht erst mich skeptisch an, dann das „grüne
schlängelnde“ um uns herum. „Das ist ja unglaublich“, bremst er ab. Gisela und Uli
glauben auch zu phantasieren. Melonenfelder mitten in der Wüste. Wir gehen zu
einer kleine Gruppe von Arbeitern, fragen, ob wir eine Melone kaufen können.
Sie erklären uns, der Patron sei gerade nicht da und daher dürften sie nichts
verkaufen. Wirken wir so sehr enttäuscht? Jedenfalls pflückt einer der Arbeiter
nun doch ein begehrtes Exemplar und überreicht es uns. Wir zücken unsere
Geldbörsen, die Männer schütteln energisch den Kopf, nein,
die Melone sei ein
Geschenk. Wir bedanken uns, wiederstehen der Versuchung die geschätzte zehn
Kilo schwere Frucht auf der Stelle aufzuschneiden und suchen uns einige
Kilometer weiter eine Akazie mit besonders großem „Schirm“. Darunter stellen
wir Tisch und Stühle auf und essen zu Mittag. Saftige dunkelrote irre süße
Melone :-)
Bevor wir nach zwei Stunden weiter fahren, machen wir
das was hier fast alle tun, egal ob Einheimische oder Touristen. Wir opfern dem
Pistengott. Was bedeutet, wir bauen Steinmännchen. Denn diese schmeicheln dem
Pistengott und er würde damit unsere Reifen „heile“ lassen. Übrigens witzeln
wir beim Siesta halten, das es hier zugeht wie auf einer Autobahn. In diesen
zwei Stunden rollen nämlich drei Autos an uns vorbei. Ja, das ist hier in der Wüste eine
unglaubliche Menge an Fahrzeugen :-) „Legst du die
mystische arabische Musik von gestern ein?“, frage ich Frank. „Sofort oder später?“ „Am nächsten Baum.“ Frank nickt. Also nach circa drei Kilometer Eric
Clapton. Zeitangabe? Die ist uns verloren gegangen. Meine Hand ruht auf Franks Oberschenkel, mein Blick
auf dieser so grandiosen wunderschönen Landschaft – Glücksgefühle durchströmen
mich. Mir fällt ein, das Frank bei Antritt unserer Reise zu mir sagte, „Ich bin
so gespannt, wie dir die Wüste gefällt. Es heißt, entweder einmal und nie
wieder oder immer und immer wieder. Ich wünschte mir...“ Da hat er abgebrochen,
dennoch kenne ich den Satz weiter. Frank liebt die Wüste und er wünschte sich,
auch ich würde die Wüste in mein Herz lassen. Die Wüste ist dort angekommen und
damit gehöre ich zur zweiten Gruppe – immer und immer wieder. Und damit :-) ist Frank doppelt glücklich (wenn denn
so was geht). Übrigens gibt es den Spruch,„ Die Wüste ist Allahs
Garten. Alles Unnütze und Überflüssige hat er weggelassen. Übrig geblieben ist
nur die Schönheit und die Reinheit.“
Am frühen Nachmittag erreichen wir die Oasenstadt
Zagora. Palmen, Palmen, Palmen - Irre wie grün uns das gleich alles vorkommt.
Wir fahren auf den Campingplatz Le Jardins (übersetzt: Garten). Es ist im
wahrsten Sinne des Wortes eine Garten - Oase, alles blüht hier in den
verschiedensten Farben. Wir stellen unsere Stühle zwischen Stockrosen und
Bouganvilen, spannen zwischen zwei Palmen die Hängematte und gehen erstmals
ausgiebig den Wüstensand abduschen. Es gibt auf dem Zeltplatz eine Art Zelt –
mit Zeltdach und Wänden aus einem Gemisch von Lehm und Stroh - wunderbar
kühlend im Sommer, im Winter Wärme speichernd. Darin sieht es aus, wie in den
Aubergen in der Wüste – also Bänke an den Wänden, allesamt belegt mit bunten
Teppichen, Zeltdecke und Wände behangen
mit bunten sehr schönen Stoffen. In diesem Zelt gibt es freies WLAN. Was ich
doch zu gern nutze, um per WhatsApp mit meinen Kindern und meinen Freundinnen
zu kommunizieren. Ohne Wüstenschuhe, die Hosen gegen ein Kleid ausgetauscht
kuschle ich mich auf eine Bank und tippe und lese und tippe und lese....Nach
einer Stunde kommt Frank hinzu, fragt, was ich denn solange tue, setzt sich
neben mich, zückt sein Handy. Ich denke hoffnungsvoll – Super, da kann ich ja
noch weiter WhatsAppen. Doch nach gefühlten wenigen zehn Minuten ist Frank
bereits fertig mit seiner Kommunikation. Wir gehen zu Uli und Gisela und mit
ihnen gemeinsam in das Zentrum der Stadt. Mittlerweile ist es dunkel geworden. Freddy, dem es wieder gut geht, macht es sich
währenddessen mit seiner Ente auf einer Decke neben dem Toyota gemütlich. Die
kleine Stadt pulsiert vor menschlichem Leben, nicht gerade das was er mag. Wir
suchen uns ein Restaurant, indem die meisten Tische
besetzt sind und das den
besten Blick auf die beleuchtete Moschee bietet. Die Bestellung ist schnell
aufgegeben, da die Speisekarten in Marokko meistens nur aus zwei Seiten
bestehen. Eine Seite mit vier bis fünf Couscous Gerichten, die andere Seite mit
vier bis fünf Tajinen Gerichten. Es schmeckt herrlich.
Dafür ist der Tee eine Katastrophe – Teebeutel und nichts mit hohem Strahl. Auf dem Weg zum Zeltplatz bummeln wir durch die kleine Stadt zurück. Ich möchte im kleinen Hammam für morgen einen Termin vereinbaren. Als ich auf das Haus zugehe, treten mir gleich drei Männer erschrocken in den Weg. Sie bleiben weiter vor mir aufgebaut, während sie Frank erklären, das Bad stehe von abends 6 Uhr bis früh 6 Uhr den Männern zur Verfügung. Die restliche Zeit wäre Hammam-Zeit für die Frauen. Daher könne Frank sich gern einen Blick verschaffen, ich müsste jedoch draußen warten. Oh je, denke ich, wenn Frank sich das Bad anschaut bin ich danach nicht schlauer wie vorher. Er kommt wieder raus, meint, drinnen sehe es aus wie in einer Fleischerei. Ich, „Wie Fleischerei?! Beschreib mal genauer.“ „Na, halt alles voller Fliesen. Jedenfalls in dem Raum indem ich war. Ich habe dort auch keinen heißen Stein gesehen. Die Männer saßen alle auf dem Fußboden“. „Vielleicht ist ja der Fußboden heiß?!“ Frank schaut mich entgeistert an, „Sag jetzt nicht, das hätte ich testen sollen.“ Ich zucke mit den Schultern, wäre doch zumindest eine Möglichkeit gewesen. Was denn für Fliesen?“, frage ich nun nach, „ Schöne? Bunte? Oder sogar Mosaike?“ Jetzt zuckt er mit den Schultern, „So genau habe ich mir die nicht angesehen aber bunt war es nicht. Vielleicht gibt es ja auch noch einen Extraraum für Frauen. Ich habe dir jedenfalls für morgen 10 Uhr einen Termin vereinbart. Hammam mit Massage.“ Mm.... ich bin definitiv nicht schlauer.
Dafür ist der Tee eine Katastrophe – Teebeutel und nichts mit hohem Strahl. Auf dem Weg zum Zeltplatz bummeln wir durch die kleine Stadt zurück. Ich möchte im kleinen Hammam für morgen einen Termin vereinbaren. Als ich auf das Haus zugehe, treten mir gleich drei Männer erschrocken in den Weg. Sie bleiben weiter vor mir aufgebaut, während sie Frank erklären, das Bad stehe von abends 6 Uhr bis früh 6 Uhr den Männern zur Verfügung. Die restliche Zeit wäre Hammam-Zeit für die Frauen. Daher könne Frank sich gern einen Blick verschaffen, ich müsste jedoch draußen warten. Oh je, denke ich, wenn Frank sich das Bad anschaut bin ich danach nicht schlauer wie vorher. Er kommt wieder raus, meint, drinnen sehe es aus wie in einer Fleischerei. Ich, „Wie Fleischerei?! Beschreib mal genauer.“ „Na, halt alles voller Fliesen. Jedenfalls in dem Raum indem ich war. Ich habe dort auch keinen heißen Stein gesehen. Die Männer saßen alle auf dem Fußboden“. „Vielleicht ist ja der Fußboden heiß?!“ Frank schaut mich entgeistert an, „Sag jetzt nicht, das hätte ich testen sollen.“ Ich zucke mit den Schultern, wäre doch zumindest eine Möglichkeit gewesen. Was denn für Fliesen?“, frage ich nun nach, „ Schöne? Bunte? Oder sogar Mosaike?“ Jetzt zuckt er mit den Schultern, „So genau habe ich mir die nicht angesehen aber bunt war es nicht. Vielleicht gibt es ja auch noch einen Extraraum für Frauen. Ich habe dir jedenfalls für morgen 10 Uhr einen Termin vereinbart. Hammam mit Massage.“ Mm.... ich bin definitiv nicht schlauer.
Wir schlenkern weiter, quatschen mit Uli und Gisela
und werden von einem sehr großen dunklen Mann überholt. Dieser dreht sich
erstaunt herum und spricht uns an, „Sie sprechen ja Deutsch. Ich habe schon
ewig kein deutsch mehr sprechen können.“ Ich bin erstaunt, „Wie kommt es das
Sie so gut deutsch sprechen? Das klingt ja perfekt.“ Er lächelt, „Ich studierte
für einige Jahre in Deutschland. Aber ich hatte wieder Sehnsucht nach der
Wüste. Ich arbeite und lebe hier als Künstler.“ „In der Wüste?!“, frage ich begeistert nach. „Als
Künstler?!“ Mein Herz schlägt schneller.
Das klingt ja fantastisch. Ich schaue die anderen Drei an, ihre Begeisterung
hält sich arg in Grenzen. Das verstehe ich gar nicht. „Sie haben eine besonders
schöne Kette um“, lenkt mich der große dunkle Mann davon ab, meinen Traummann
und meine Mitreisenden tiefer zu ergründen. „Echt“, fasse ich mir an den Hals
und schmelze dahin. Ich liebe Ketten,
deshalb habe ich ja auch so viele. Und nun, ein Künstler, der meine Kette
würdigt. „Darf ich sie alle Vier auf einen Tee in mein Atelier
einladen? Ich würde Ihnen gern meine handgearbeiteten Halsketten zeigen. Keine
Sorge, nur Tee trinken und noch eine Weile auf deutsch reden. Ich halte das
Geld nur in meinen Händen, in lasse es nicht in mein Herz hinein“. Ach, atme
ich tief ein, philosophisch ist er auch noch. „Gern“, willige ich ein. Frank und Giselas Blick
verdunkelt sich. Hilfesuchend wende ich mich Uli zu. „Na klar, ein Tee geht
immer.“ Ich wusste auf Uli ist Verlass, denn bei ihm ist die Neugier auf fremde
Menschen und Begegnungen ebenfalls groß angelegt. „Aber wir werden nichts kaufen“, lasse ich den dunklen
großen Mann wissen. „Tee trinken und reden.“ „Habe ich doch versprochen“, lächelt er, „Es wird mir
eine Ehre sein.“ Nun schaue ich zu Frank, er nickt, Gisela stimmt auch
zu. Während wir hinter dem dunklen großen Mann her laufen, raunt mir Frank zu,
„Jetzt hast du verloren.“ „Wir gehen in ein Atelier“, sehe ich ihn an, „Was will
man denn dort verlieren?!“ Frank grinst, „Du wirst schon sehen.“ Was ich sehe, gefällt mir gar nicht, und noch weniger
mag ich jetzt die anderen Drei anschauen. Mist, wir sind in einem Souvenirladen
gelandet. Die „Kunst“ des „Künstlers“ liegt hinter Glas. Das macht schon
einiges her. Dennoch bleibt die Kunst identisch mit der, die wir schon in
Massen auf Märkten und Suks gesehen haben – also die gleichen Ketten, Dosen,
Zierdolche. Es ist wie im Märchen mit der bösen Hexe, die in unserem Fall
männlich ist. Erst süffisant süß und kaum in die Hütte gelockt zeigt er das
wahre Gesicht. Wir bekommen Tee im hohen Strahl serviert und danach werden die
„Kunstschätze“ auf den Tisch gelegt. Ich
schaue den Mann in seine dunklen Augen, „Wir sagten, wir kaufen nichts.“ Sein
Blick wird finster, sein Lächeln ist wie weg gewischt. Oh Gott, denke ich, ich
will hier raus. Aber der Tee ist so heiß, den können wir nicht schnell hinter
kippen. Ohne austrinken, aufstehen - sehr unhöflich. Ich entdecke eine kleine
Steindose, die gleiche hat Gisela in der Hammada bei einem Nomaden gekauft, der
Mann wollte siebzig Dirham, bezahlt hat sie vierzig. Okay, denke ich, die kaufe
ich. Eine Art Lösegeld? Ja, so könnte man es nennen. Schwerer Fehler! Der Mann
ist nicht nur kein Künstler sondern auch ein aufdringlicher Choleriker. Böse
Kombination. Also ich zeige auf die Dose, lehne mich entspannt zurück, denn
Frank übernimmt ja nun die Verhandlung, schnelle wieder vor und traue meinen
Ohren nicht. Der Mann will 380 Dirham. Franks Wangenmuskeln arbeiten auf
Hochtouren, was bedeutet, er ist echt angepisst. Er wird mit diesem Menschen
nicht handeln. Also muss ich meine Suppe allein auslöffeln. Ich sage, „Wie
schon gesagt, wir kaufen heute nichts mehr. Die Dose hat mich nur deshalb
interessiert, weil wir gestern eine sehr identisch wirkende gekauft haben.“ Er
zeigt aggressiv auf eine Kette, „Die kostet 400 Dirham. Was bist du bereit
auszugeben?!“ Jetzt bin ich angepisst, „Nichts! Weil ich nichts
kaufen will.“ Er wird lauter, „Was zahlst du?! Was ist die Kette
wert?“ Gisela scheint nun auch ordentlich genervt zu sein.
Sie sieht ihm voll in die Augen und zischt, „20 Dirham.“ Er starrt sie an, dann
mich, schreit, „Sag mir deinen Preis! Sag mir deinen Preis!!“ Das ist der
Moment, indem wir alle vier aufstehen
und den Laden verlassen. Laut werden, schreien ist in vielen Kulturen identisch
mit - das Gesicht zu verlieren. Übersetzt: Ein Mensch der dies tut, ist mehr
als unhöflich und verliert augenblicklich die Achtung und den Respekt seines
Gegenübers. Der Mann versucht uns festzuhalten, wir müssen
regelrecht vor ihm fliehen - Kein schöner Ausklang für so einen schönen Tag.
Jetzt verstehe ich Frank´s Bemerkung vorhin mit dem „verloren“, auch wenn er
den Ausgang dieser Einladung so krass nicht vorhergesehen hatte. In dem Moment
wünsche ich mir auf der Stelle die Einsamkeit der Wüste zurück. Dabei sind wir
uns überhaupt nicht sicher, wohin und wann es morgen weiter geht. Geplant war
von Zagora nach M´Hamid mittels Teerstraße, dann Piste über Lac Iriki und Erg
Chegaga nach Foum Zguid. Also noch mal eine lange Wüstentour. Aber nachdem es
unseren Freddy heute so mies ging, sind Frank und ich uns unsicher. Können wir
ihm eine weitere Wüsten - Pistentour mit all dem durch geschüttle zumuten? Bei
Uli und Gisela stand ursprünglich auch diese Tour auf dem Plan. Sie sind sich
jedoch einig, ohne uns, werden sie die Tour nicht antreten.
Inschallah
gehen wir ins Bett, mal sehn was der nächste Tag bringt. Vor dem Einschlafen
sagt Frank, er überlasse mir die Entscheidung – ob Wüste oder Richtung Gebirge.
Oh je, mir fällt manchmal schon die Entscheidung schwer, was wähle ich aus der
Speisekarte......Und Frank ist ein so strukturierter Mensch der Pläne liebt.
Wenn ich mich gegen die Wüste entscheide, entscheide ich mich gegen seinen
ursprünglichen Plan – damit droht die Gefahr einen schlecht gelaunten Mann
neben mir sitzen zu wissen. Auch, wenn es nicht lange anhalten wird, da sich ja
Frank auch um Freddy sorgt. Nur, selbst eine kurze Disharmonie zwischen uns,
wäre schon furchtbar für mich. Entscheide ich mich für die Wüste und Freddy
geht es schlecht, habe ich auch ein schlechtes Gewissen. Was ich will? Ja, das
weiß ich gerade auch nicht. Die Nacht ist ruhig, trotz einem Campingplatz, der
mitten in der Stadt liegt.
Geweckt werden wir von den Muezzin´s. So laut, das wir
glauben könnten, die drei „singenden“ Männer hätten sich um unseren Toyota
herum gruppiert. Frank liebt den betenden Sing Sang, ich empfinde ihn zumindest
als angenehm. Wir kuscheln uns aneinander, lauschen dem „Konzert“ bis es endet,
Frank schläft wieder ein, ich grüble – Wüste, Gebirge, Wüste, Gebirge.
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