Freitag, 10. Juni 2016

Marokko Reise 2016 - Dienstag den 12.04.2016 Teil II

Heike
 Dienstag, den 12.04.2016, 13. Reisetag - Teil II

 Von kampfbereiten Eseln, sich selbst überschätzenden Katzen und einem ausharrenden Nomaden.
 
Frank hüpft von der großen Düne wie ein riesiger Flummi. Ich rutsche mehr auf meinen Füßen, weit entfernt von hüpfen oder laufen, zwischendurch versuche ich es auch per Hintern, funktioniert nur leider nicht. Meine Gedanken sind jetzt wieder bei unseren Stühlen... darin bequem Platz nehmen, Beine ausstrecken, nicht mehr bewegen. Wenn wir denn noch Stühle haben......Die routinierten Bergwanderer Uli und Gisela meinten zwar auch, der Aufstieg hätte es in sich gehabt. Dennoch bewegen sie sich jetzt wie bei einem lockeren Strandlauf und entschwinden bald meinem Blick. Freddy springt zwischen Frank und mir hin und her oder rutscht bäuchlings den Berg hinab. Der Wind lässt sein Fell gesträubt aussehen, ich frage mich, wie ein Hund wohl mit dem Sand in den Augen klar kommt. Er kann sich weder mit seinen Pfoten das Gekrümel aus den Augen reiben, noch würde er eine Sonnenbrille erdulden. Selbst die Hitze beeindruckt ihn nicht allzu sehr. Sicher er hechelt viel und er hat reichlich getrunken, oben auf der Düne. Dennoch ist er absolut fit.

Der Esel vorm Aufstieg auf die Düne, hier noch entspannt
Am Fuße der Düne angekommen, werden wir erwartet. Wir trauen unseren Augen kaum. Da steht ein Esel, kerzengerade aufgerichtet, unseren Freddy fixierend. Dieser nimmt die Ansage an. Er setzt alle Hilfsmittel ein um größer zu wirken - Rücken gerade, Beine durchgestreckt, Fell aufgestellt. Es ist als würden zwei Gladiatoren aufeinander zugehen. Jetzt sind nur noch zehn Meter zwischen ihnen, acht, sechs, Frank sagt, „Wir sollten Freddy abrufen.“ Ich schüttle mit dem Kopf. Freddy hat genug Erfahrungen mit Pferd und Kuh gesammelt, um sich in acht zu nehmen. Er weiß genau, dass die Gefahr bei Huftieren in den Hinterbeinen steckt. Vier Meter, zwei Meter, ein Meter. Wenn die beiden Katzen wären, denke ich, würden sie sich jetzt auf den Buckel springen. Verwirrung bei den Gladiatoren setzt ein. Wie nur jetzt weiter? Wir stehen da, überrollt von surrealen Gefühlen und Bildern, nur noch mal zum bildlich machen, wir sind in der Wüste und erleben gerade wie ein marokkanischer Esel einem deutsch/belgischen Schäferhund den Kampf ansagt. Wir hätten ja ausweichen können? Ja schon, aber das kostet Energie. Im besten Fall läuft man von Dünenkamm zu Dünenkamm. Ausweichen bedeutet Düne runter, Düne hoch....
Freddy gibt jetzt seine Kampfhaltung auf, geht in Spielstellung, also Kopf runter, Hintern hoch, mit dem Schwanz gewackelt. Der Esel schaut irritiert. Freddy springt daraufhin nach vorn und tut das, was er zu Hause mit unserer Katze als Spielauftakt verwendet, er stößt seine Nase dem Esel in die Flanke. Dieser holt hörbar vor Empörung Luft, dreht sich blitzschnell um, versucht Freddy in den Hintern zu kneifen. Der ist schneller und rennt davon, der Esel hinter her. Jetzt sind Frank und ich es, die hörbar Luft holen. Sollen wir lachen oder uns sorgen, rattert es in uns. Freddy stoppt unerwartet in der nächsten Düne, dreht sich blitzschnell um, jetzt ist er der Jäger. Im vollen Galopp stürmt der Esel davon, bremst dann ab, Freddy stemmt seine Pfoten durch. Die Rollen werden erneut getauscht. Ganz plötzlich, als würde ein unsichtbarer Schiedsrichter das Spiel abpfeifen, kommt Freddy schwanzwedelnd zu uns zurück, während der Esel, seinen Schwanz locker hin und her baumelnd in die andere Richtung läuft. Tja, was sollen wir da noch sagen?! Zumal die nächste merkwürdige Begegnung bereits auf uns wartet. Drei Dünenkämme weiter sehen wir einen Europäer mit einem Mann im typischen Kameltreiber – Outfit. Aha, denken wir, dort in der kleinen Oase befindet sich also ein Beduinenzelt (die gibt es hier reichlich, da das Erg Chebbi nun mal ein Touristenmagnet ist und dazu noch recht klein – ca. 30 km lang und nur 5 km breit). Beide Männer schauen in Richtung unseres Freddys. Als wäre ein Schäferhund in der Wüste nicht schon merkwürdig genug, erscheint auch noch eine Katze. Freddy saust los, Katze rennt weg, stoppt, dreht sich um, jagt Freddy, der mit angelegten Ohren Reißaus nimmt. Wir kennen das hier schon, den Katzen fehlt die Angst vor Hunden. Dem westlich aussehenden beleibten Mann und dem marokkanischen Begleiter ist die ….sagen wir mal Verblüffung anzusehen. Ich glaube, es ist auch schwierig. Da bucht man einen Kamelausritt in die einsame Wüste Marokkos (so wird das ja verkauft) und dann erscheint ein deutscher Schäferhund der von einer Katze gejagt wird. Mm....vielleicht könnte man es damit vergleichen das ein Australier über unsere schönen deutschen Wiesen wandelt und plötzlich jagt ein Eichhörnchen ein Känguru.
Was mir dazu noch einfällt: Wir haben April, Hauptreise für Marokko, gefolgt von den Monaten September/ Oktober. Nur wirkt hier nichts wie Hauptreisezeit. Wir fragten diesbezüglich den Wirt unserer Auberge / Campingplatz in Merzouga. Er bestätigt, der Touristenbesuch wäre derzeit ungewöhnlich rar. Mir rutschte heraus, „Aber im Sommer kommt doch erst recht keiner.“ Der Wirt schüttelte energisch mit dem Kopf. Der Sommer sei Hauptreisezeit der Marokkaner, ließ er uns wissen. Sie würden ins Erg Chebbi strömen für Sandbäder, vorbeugend und heilend bei Rheuma. Ich mag ja Hitze ….aber bei 45 Grad und aufwärts mich im Sand einbuddeln zu lassen, nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Noch weniger, das womöglich ein Kamel angetrottet kommt, ich in meinem Loch fest hänge, sich mein „Aufpasser“ gerade zum pullern im nächsten Dünenkessel befindet, das Kamel die Lippen schürzt und spukt oder noch schlimmer sein Bein hebt. Nein, ich habe kein Rheuma und wenn ich es hätte, würde ich dann doch eher in die Brennnesseln springen.

Noch eine Anmerkung: hier erscheint die Anzugsordnung der Menschen in einem anderen Licht. Zu Hause erweckt eine verhangene Frau in mir keine positiven Gefühle, und wenn ich einem Mann im Kleid und Tuch um den Kopf begegnen würde, auch nicht. Doch hier ergeben Kopftuch, Schal, Kleid sehr viel Sinn. Perfekter Sonnen- und Sandschutz.
Aber jetzt geht es weiter zu unserem Toyota, denn allmählich wird es dunkel. Als Frank und ich ankommen, tritt Uli an uns heran, „Da sitzt jemand.“ Frank schaut in die per Augenbewegung angezeigte Richtung, ich suche unsere Stühle, denn die habe ich durch Esel und Katze glatt weg vergessen. Sie stehen noch da. Ach, denke ich, wie schön. Zehn Meter von unserem Camp verharrt ein Nomade im schwarzen Gewand im Schneidersitz. Ach, denke ich stolz, auf meine „Fern“Augen ist halt Verlass. Frank zuckt nur mit den Schultern. Für ihn ist das halt nichts Neues. Er hat ja schon mehrmals gesagt, „Egal, wo du dich auch in Marokko aufhältst, du bist nie lange allein.“ Während Gisela und ich kochen, heute gibt es wieder Gemüse mit Couscous und als Dessert aufgeschnittene Apfelsinen mit Zimt, kurzum: wie immer, tritt Uli zu mir. „Er sitzt immer noch im Sand.“ Ich weiß sofort, wem er meint und ich ahne, Uli´s Gedanken sind den meinigen ähnlich, „Du meinst, wir sollten ihn zum Essen einladen?“ Uli nickt. „Ich würde es auch gut finden“, erwidere ich und denke, so viel Ehrlichkeit und Geduld muss belohnt werden. Schließlich wartet der Mann seit mehr als zwei Stunden auf unsere Rückkehr, hat sich nicht mit unseren Stühlen aus dem Staub gemacht und er stört uns auch nicht bei der Essensvorbereitung, wie er uns auch nicht beim Essen ansprechen wird oder danach beim aufräumen. Also geht die Frage zu Gisela und Frank. Beide begrüßen die Idee. Wir beschließen den Mann zu Tisch zu rufen, wenn das Essen fertig und alles eingedeckt ist. Zu diesem Zeitpunkt ist es bereits stockdunkel. Also ruft Uli blind in die Wüste hinein, „Miracoli“ Nein, das mit dem Miracoli ruft er natürlich nicht. Der Nomade war entweder gegangen oder wollte nicht mit uns essen. Schwierig zu sagen, bei der dunklen Hautfarbe und der dunklen Jacke.
Nach dem Essen schleiche ich mich zum Pipi ins nächste
Sandviper in der libyschen Wüste
Dünental, komisches Gefühl sich im Dunklen hinzuhocken und dabei von dem Gedanken überrascht zu werden, hoffentlich kommt jetzt keine Sandviper aus ihrem Loch gekrochen oder ein Skorpion begibtsich auf seinen nächtlichen Rundgang. Die
Skorpion in der libyschen Wüste
Wahrscheinlichkeit Sandviper und Skorpion anzutreffen ist zwar gering, jedoch nicht ungefährlich. Deshalb tragen wir auch Wüstenschuhe, also eine Art knöchelhoher Wanderschuh, aus Schlangenbissfesten Material. Sehen würde ich schon mal gern einen von den beiden giftigen Tieren. Frank hatte das „Glück“ in Tunesien. Da machte er mit seinem Quad in der Wüste eine Pause, direkt auf dem angestammten Nachhauseweg einer Sandviper. Jedenfalls hat diese sich weder von Mann noch Quad beeindrucken lassen, sie kroch heran, Frank ging mehrere Schritte zur Seite, die Schlange schlängelte sich unterm Quad entlang und das war´s. Skorpione hat Frank in Libyen zu Gesicht bekommen. Allerdings musste er diese suchen....Steine vorsichtig aufheben und drunter schauen.
So, und dann gibt es wieder ein Feuer :-) Unsere Aladinteekannen gefüllt mit frischer Pfefferminze, Wasser und viel Zucker kommen ins Feuer, warten bis Blasen aus der Schnepfe kommen, servieren im hohen Strahl. Die Gläser? Die sind noch ganz. Die Kiste die durch den Toyota purzelte enthielt nichts Zerbrechliches. Welche Gläser wir benutzten? Die von Frank oder die, die ich kaufte? Frank bestand auf seinem Glas, ich auf meins, also eins mit Gravur.
Der Sternenhimmel über uns ist eine Pracht. Ja, es stimmt, die Sterne in der Wüste strahlen um ein vielfaches mehr.

4 Kommentare:

  1. Hallo ihr Zwei, na da bin doch mal gespannt, wann der Mann im Schwarzen wieder auftaucht. Der Freddy muss doch mit einem so gestärkten Selbstbewußtsein aus dem Urlaub gekommen sein, daß ihn in der Heimat nichts mehr aus der Ruhe bringt, es sei die gelbe Ente ist weg. :-) Freue mich schon auf auf die nächsten Zeilen...lg Heike

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    1. Hallo :-) Ganz lieben Dank!! Dafür, das Du uns durch dein Interesse die nötige Freude gibst, weiter zu schreiben. Deshalb verraten wir Dir auch - der Mann in scharz taucht tatsächlich noch mal auf. Ob Freddys Selbstbewusstsein gestärkt wird.....Mm....also die Katzen verunsichern ihn arg. Da braucht er seine gelbe Ente oft ganz nötig.

      Liebe Grüße Frank & Freddy & Heike

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  2. Wieder super geschrieben, bin begeistert von schönen Bildern aus der Wüste. Weiter so! Wem es interessiert Freddy ist sehr relaxt, habe ihn kennen gelernt.

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    1. Hallo.

      Ganz lieben Dank für Deine Rückmeldung. Das ist für uns sehr wertvoll!

      Liebe Grüße Frank & Freddy & Heike

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