Mittwoch, 25. Mai 2016

Marokko Reise 2016 - Sonntag den 10.04.2016

Heike
Sonntag, den 10.04.2016, 11. Reisetag

Passüberquerung, ein Hund der Reisekrank wird, Picknick mit Lehrer und Schulklasse 


Die Nacht war so warm hier in Tinghir, dass wir mit offenen Schlafsäcken schliefen. Wir sind halt „nur“ noch auf 1400 Metern. Und es war wieder was los... Katzen, die wie schreiende Kinder klangen, Streitereien unter Hunden und erneut rummotzende Esel. Dazu lange vor Sonnenaufgang etliche krähende Hähne, und der Muezzin.
Wir quatschen nachdem Frühstück noch eine Weile mit Anne. Das Haus vom Teppichhändler sei von außen sehr unscheinbar (zur Erinnerung im Islam werden Frau und Haus nach außen hin versteckt, u.a. um keine Begehrlichkeiten zu erwecken), innen purer Luxus auf 800 qm Wohnfläche, fünf komplett eingerichtete Küchen, ein Springbrunnen der angeht, wenn man das Haus betritt, Mosaikfußboden, edle Teppiche, holzgetäfelte Zederndecken ….Und auch hier zeigte sich Gastfreundschaft und guter Ton …..in viel Zeit nehmen. Erst Treffpunkt im Hotel, Tee trinken...noch einen Tee, Fahrt ins Haus, Tee trinken....Obst essen und dann …. zwei Stunden nach Treffpunkt …..das Auftragen des Essens, mit allen Leckereien, die man sich wohl vorstellen…..aber nach so viel Tee und Obst nicht mehr essen kann.

Mich interessiert noch, wie Anne, mittels zehn Jahre Marokko-Erfahrung, mit den bettelnden Kindern umgeht. Sie sagt, Kinder, die ihr das Auto belagern, sie zum Anhalten zwingen wollen oder hinter ihr her rennen, bekommen grundsätzlich nichts. Wenn sie durch sehr abgelegene Gebiete reist, hält sie kleine Beutel mit Kleidung oder Schuhen bereit, die sie von Deutschland her mitbringt, sind sie alle ….sind sie halt alle. Ansonsten verteilt sie grundsätzlich keine Süßigkeiten sondern Orangen. Und sie steckt sich jeden Tag zehn einzelne Dirham ein, die sie an alte Bettler verteilt.
Halb Zehn sind wir wieder auf der Piste. Ich bin überzeugt, dass man hier ohne Navi und GPS arg aufgeschmissen wäre. Ausschilderungen sind mehr als Mangelware. Gisela und Uli halten einen großen Abstand zu uns, da wir auf Grund der unbefestigten Schotterpiste und der Trockenheit eine sensationelle Staubwolke hinter uns herziehen. Da macht sich unsere Funkverbindung doch echt bezahlt. Was mich erneut erstaunt, wie die Häuser hier der Erde angepasst sind. Braune Erde, braune Häuser, ockerfarbene Erde, ockerfarbene Häuser. ...Für die Umgebung von Tinghir bedeutet das rote Häuser.
Heute wollen wir den Pass Tizi n´Tazazert auf 2400 Metern überqueren. Als wir uns da hoch winden, denke ich oft, „Das erwandern wir doch sonst. Wie kann hier nur ein Auto hoch fahren." Kurz vor der Passhöhe steige ich mit Freddy aus, Gisela folgt unserem Beispiel. Für uns Frauen, die noch nie mit einem Fahrzeug auf einen solchen Berg hoch „gekraxelt“ sind (Uli zwar auch noch nicht).....wie soll ich es sagen, wir brauchen die Wanderung, um das alles in unserem Kopf zu sortieren, um mit allen Sinnen zu genießen, was die Natur uns hier anbietet. Frank und Uli sind im Auto eh nicht schneller. Und mitten auf diesem Gebirgskamm gibt es dann auch noch eine winzige wunderschöne Auberge, an deren schützender Mauer blühender Oleander und ein kleiner
Pfirsichbaum wächst. Im Innenhof trinken wir Tee und kaufen einem kleinen Mädchen selbst geknüpfte Armbänder ab. Weiter geht es nun Berg ab, Richtung der Stadt N´Kob, die Kulisse ist noch unwirklicher, grandioser, atemberaubender, wie alles Gesehene zuvor. Da bereits die Mittagszeit erreicht ist, halten wir an der nächst möglichen Stelle, an der man zwei Fahrzeuge parken kann, klettern mit unseren Utensilien auf ein herrliches Felsplateau und lassen uns unseren frisch geschnippelten Salat mit Fladenbrot schmecken (natürlich waren wir heute Morgen wieder einkaufen). Über kurz oder lang (das Zeitgefühl verliert sich hier gänzlich) passiert das, was Frank mir schon vor Antritt unserer Reise erzählte, „Egal, wie abgelegen ein Gebiet in Marokko auch sein mag, wie scheinbar völlig Verkehrs- und Menschenleer, du kannst darauf wetten, es taucht dennoch jemand auf.“
Wir sind beim Dessert angekommen....Apfelsinenscheiben frisch aufgeschnitten mit Zimt bestreut.....als ein Vater mit seinem ca. zehnjährigen Sohn erscheint. Beide stehen plötzlich da und keiner hat sie zuvor irgendwo her kommen sehen. In ihren Händen Ketten, Armbänder, kleine geschnitzte Dolche. Wie schon einmal gesagt, die Menschen hier stören nicht bei den Mahlzeiten oder beim Vor- und Nachbereiten, sie bleiben im gebürtigen Abstand stehen und warten. Die Zeit nutzt mein Gehirn sich wieder einmal mit den bettelnden Kindern zu beschäftigen. Und dabei kommt mir der Gedanke, es ist doch besser etwas zu verkaufen und sich damit ein wenig Geld zu verdienen als zu betteln....ich sollte mir ihre kleine Warenansammlung zumindest ansehen. Ich entscheide mich für einen Armreif, der mir wirklich sehr gut gefällt …...und habe ein Problem, was wir schon vom Campingplatz in Larache her kennen. Die Menschen können selten wechseln. Der Armreif soll 50 Dirham kosten, 100 Dirham gebe ich den Jungen. Er schüttelt mit dem Kopf.... er hat wahrscheinlich noch nicht mal zehn Dirham. Also zu Frank, dann zu Gisela und Uli ….keiner hat 50 Dirham. Ich sehe wie Panik in die Augen des Jungen steigt....endlich mal ein Geschäft und nun soll es am Wechselgeld scheitern. Rettung ist in Sicht, ein deutscher Geländewagen kommt den Berg hinauf, den wir herunter wollen. Ein junger Kerl, allein unterwegs, voller Freude Landesgenossen zu treffen. Wir quatschen kurz, sagen ihm, er komme ein wenig zu spät, die Picknickzeit sei schon um. Und dann frage ich ihn, ob er meinen 100 Dirham Schein wechseln kann. Kann er :-) Ach dieses Strahlen, ich über meinen Armreif, der Junge über sein Geschäft, der Vater über seinen Sohn :-)
Und weiter geht es bergab, sehr enge Piste, etliche Serpentinen und ein Hund der plötzlich aus tiefsten Magen heraus erbricht.....ich schnelle nach vorn in Erinnerung daran, dass ich mal meinem Vater, bei einer Autofahrt, ins Genick gebrochen habe. Frank schaut fassungslos zu Freddy. Wir halten an, lassen Freddy raus, der Herzerweichend weiter würgt. Frank, „wir müssen alles auseinander bauen, das kriegen wir sonst nie wieder raus.“ Ich laufe mit Freddy hinter dem Toyota weiter, bis Frank eine kleine „Parkbucht“ findet. Uli und Gisela sind jetzt auch da. Es ist erstaunlich, was ein Hund so alles erbrechen kann.....es riecht zwar nicht....aber dafür ist alles unverdaut, da Hunde nun mal keine 32 mal kauen, bevor sie etwas hinter schlucken. Wir sind alle vier voll und ganz damit beschäftigt, Freddy zu trösten, der mit hängenden Ohren und schamvollen Blick weiter würgt.... Kisten raus schrauben, Decken ausschütteln (waschen können wir hier nicht....kein Fluss in Sicht) und meine Wüstenschuhe auskippen. Meine sind nagelneu, ich hoffe, dass Erbrochenes im Schuh irgendetwas Gutes mit sich bringt, wie keine Blasen beim ersten tragen...... Als „nur“ noch alles wieder einmontiert werden muss, laufen Gisela,
Freddy und ich schon voran. Wir denken, dass ist für Freddy das Beste. Gisela und mir ist bewusst, welches Bild wir abgeben, eindeutig „Westlerinnen“ dennoch Kopftuch um den Kopf (wegen der Hitze) und dazu ein deutsch/belgischer Schäferhund mit einer gelben Ente im Maul (er wollte sie einfach nicht her geben...), der diese jedes Mal ablegt, bevor er erneut so laut würgt, dass es durch die Berge hallt...da braucht man selbst entweder einen leeren Magen oder einen äußerst abgehärteten.... und dann die Ente wieder ins Maul und weiter geht’s. Da unsere Männer etliche Serpentinen hinter uns sind, scheint es so, wir wären allein unterwegs. Die zwei Kleinbusse, die sich den Berg hinauf quälen (auf dem Dach diesmal keine Schafe oder Ziegen sondern marokkanische Männer) vermindern ihre eh schon geringe Geschwindigkeit....die Männer beobachten uns versteckt (direkter Blickkontakt zu Frauen, die allein unterwegs sind, gehört sich nicht)....wir sind uns sicher, wir bräuchten nur einen Wink zu tun und es würde uns Hilfe angeboten. Brauchen wir aber nicht. Also „Bon jour“, „Bon jour“ und die Kleinbusse fahren an uns vorbei. Fünf Kilometer weiter holen uns die Männer ein. Gisela und ich wollen trotz prasselnder Sonne mit Freddy noch eine Weile weiter laufen, zumal die Männer ja auch kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit fahren können. Ein Kilometer weiter hört Freddy endlich auf zu würgen und springt wieder munterer durch die Berge. Also alle wieder ab ins Auto. Ich bewundere Frank....in seinem geliebten und sehr gepflegten Auto gefühlte zwei Liter Erbrochenes (Freddy hatte zuvor erst reichlich getrunken), über eine halbe Stunde Aufräumarbeiten und er verliert kein Wort darüber, er schaut nur besorgt zu Freddy und fragt, „Und geht’s dir wieder besser?“ Und dann, „Wir haben es gleich geschafft, noch drei Kilometer und dann gibt es eine lange Pause mit viel Wasser.“
Ach, wie schön, denke ich, nur noch eine halbe Stunde und dann sind wir in der Nähe des versteckten Wasserfalles, den Frank uns zeigen möchte. Wir sind bisher knappe achtzig Kilometer gefahren (Luftlinie wohl kaum die Hälfte) und haben dafür 4,5 Stunden reine Fahrzeit benötigt. …...Die Steinformationen werden immer skurriler. Frank zeigt auf
zwei besonders auffällige Berge. Die versteinerte Hochzeitsgesellschaft, wir haben im Reiseführer davon gelesen. Der kleine spitzere Berg ist der Mann Ali, genannt Monsignore, der andere Berg heißt Madame und ihre Töchter. Leider ist nicht angegeben, warum diese Hochzeit versteinert wurde. Und warum Madame bereits vor der Ehe so viele Kinder hat. Von Monsignore? Die Weite, die uns mit unserem Abbiegen von der Piste zum Wasserfall erwartet….da gibt es keine Worte. Wir parken, steigen aus.....laufen los und fühlen uns nach kurzer Zeit wie benommen. Hier etliche Serpentinen tiefer prasselt die Sonne noch heißer, erwärmt den Fels auf dem wir gehen, der die Hitze zu uns ableitet, wie eine Infrarot-Sauna. Der Eintritt in das sehr schmale Tal (für keinerlei Fahrzeuge passierbar) verschafft uns herrliche wohltuende Kühle. Wir folgen den Palmen, kommen an drei bis vier Meter hohen blühenden Oleander in rosa und weiß vorbei, an vereinzelten Feigenbäumen ohne Früchten, an Gumpen mit wenig Wasser und vielen Fröschen....teilweise müssen wir klettern, was unserem Freddy besonders gut gefällt. Dann hören wir Geräusche, Jungs Stimmen, laut, lachend ….also nichts mit abgelegen, versteckt, ruhig ….wir betreten einen runden Platz, der bis auf den Weg hinein und heraus, von hohen Felswänden umgeben ist. Der Wasserfall ist auf
Grund der Trockenheit ein Rinnsal. Dennoch sind wir nicht enttäuscht, die kurze Wanderung bis hier her, diese herrliche Oase, jetzt dieser runde „Platz“ war es allein wert. Wir hocken uns auf ein paar Steine, genießen die Kühle der Felswände, beobachten versteckt die 18 jungen Männer und zwei Mädchen. Unser Blick folgt unserer Nase, die einen super leckeren Geruch aufgenommen hat.....zwei weitere Mädchen kochen in einer Höhle/Felsspalte. Gisela und ich gehen zu ihnen herüber. “Bon jour“, „Bon jour“.....wir sehen einen Eimer randvoll mit selbst geschnittenen Pommes, zwei Gaskocher, auf dem einen eine Pfanne mit siedendem Öl , auf dem anderen ein großer Topf. Eins der Mädchen lüftet den Deckel, Hühnerteile und Gemüse in einem lecker riechenden Sud.
Zurück zu den Männern gibt es ein großes Gelächter in der Jungs-Gruppe. Ein Junge erhebt sich, wirkt verlegen....Verwundert sehen wir, wie er auf uns zukommt, gefolgt von einem Freund, der ihm offensichtlich Beistand leistet. Doch für was? ….....Er fragt auf Französisch (nur gut das Uli so gut die Sprache spricht) ob wir uns mit zu ihnen auf den Teppich setzen möchten. Aha, schauen wir vier uns an, eine Art Mutprobe, unter dem Motto: Wer traut sich die Europäer anzusprechen. Gerne doch! Und so sitzen wir,
nachdem wir unsere Schuhe ausgezogen haben, auf einen großen, rot schwarz gestreiften Teppich, inmitten des hohen Atlasgebirges. Schnell bekommen wir mit, es handelt sich um einen Schulausflug. Der Lehrer ist ein junger Mann von gerade mal 26 Jahren. Er heißt uns herzlich willkommen und lädt uns zum Essen ein. Können wir das annehmen? Aber der Geruch....und dann ist es so gemütlich hier....so kühl ….und dann verspricht das Ganze auch noch ganz viel Spaß. Gisela und Frank verschwinden Richtung unserer Fahrzeuge....Der Lehrer winkt ab, sagt, es sei mehr als genug zum Essen da.....Dennoch möchten wir was beitragen. Rasch gruppieren sich zwei Gruppen, die rein französisch sprechenden um Uli, die zudem auch ein wenig englisch beherrschen, um mich. Erfahren tun wir in etwas das Gleiche. Die Schüler sind alle auf der High-School, um die siebzehn Jahre jung, es ist eine gemischte Klasse, achtzehn Jungs, vier Mädchen, ihr Lehrer ist Französisch-Professor und ihm sind diese Ausflüge wichtig, um die Bindung/Beziehung unter seinen Schülern zu verbessern. Was uns auffällt, ist zum einen wie europäisch die Jugendlichen und ihr Lehrer angezogen und frisiert sind (Ausnahme: die vier Mädchen....Kopftuch, unscheinbarer langer Rock....), und zum anderen, der hohe Respekt der Schüler gegenüber ihrem Lehrer, gekoppelt mit einer enormen Herzlichkeit.
Langsam tauen die Jungs bezüglich Freddy auf. Wie
beinahe alle Menschen hier, haben auch sie Angst vor Hunden. Freddy schleicht sich an, legt seine Ente vor den Teppich ab, wartet......Der erste Junge wirft, dann ein weiterer......Freddy der ja ein sehr intelligenter feinfühliger Hund ist, verhält sich dabei wie bei kleinen Kindern. Er legt die Ente ab, entfernt sich um einen guten Meter, die Ente nicht aus dem Blick lassend, sodass die Jungs mit weniger Angst die Ente aufnehmen können.
Ich frage nach, warum die Menschen hier solche Angst vor Hunden haben. Sicher weiß ich, dass in manchen arabischen Ländern Hunde als unrein angesehen und daher verjagt, gequält und verstümmelt werden. Aber hier in Marokko, da ist eindeutig nur Angst, gepaart mit Bewunderung. Wir hören oft, welch ein schönes Tier unser Hund sei, und ebenso wie fast schon ehrfürchtig geraunt wird, „Malinois“, „Belgier“. Ob es an den wilden Hunden liegt? Wahrscheinlich. Aber bisher haben wir kein aggressives Verhalten bei den herum streunenden Hunden erlebt. Auch sehen diese nicht so „runter gekommen“ aus. Wenn ich da an Asien denke..... Hunde bis auf die Knochen abgemagert, gebrochene Gliedmaßen, dort, wo Fell sein sollte, großflächige Kratzwunden. Dennoch, erklären uns die Jugendlichen kommt es schon mal vor, das ein Mensch vom Hund gebissen wird. Und da beginnt das Problem. Viele Hunde sein krank (wie Tollwut) Krankenhäuser wären oft sehr weit weg.....und damit die Gefahr groß, dass der Gebissene an einer Art Sepsis verstirbt, bevor er dort ankommt. Die Jungs tauen weiter auf und fragen mich jetzt, ob sie ein Bild von sich und Freddy haben könnten. Als ich nicke, weiß ich noch nicht, auf was ich mich da einlasse......achtzehn Jungs, achtzehn Handykameras .......
und sobald Freddy nur mal mit dem Ohr wackelt springt der neben ihm stehende junge Mann aus dem Bild. Wir lachen viel bei diesem Shooting, und auch bei dem was daraufhin folgt. Denn jetzt möchten sie alle ein Bild mit mir. Also Aufstellung, ordentlicher Abstand und achtzehnmal lächeln. Kaum sitze ich wieder auf dem Teppich, heißt es vom Lehrer: Alle Hände waschen. Essenszeit. Ein Schüler neben mir, macht das Angebot, einen Eimer mit Wasser zu bringen, damit ich nicht aufstehen muss. Nein, danke, ich stelle mich mit in die Reihe am Rinnsal von Wasserfall, sowie Frank, Uli und Gisela....und fühlen uns ein klein wenig in unsere Schulzeit versetzt. Zurück auf dem Teppich (der vor dem Essen frisch ausgeschüttelt wurde) bilden sich drei Kreise. In jeden Kreis wird eine große Platte mit Hühnchen, Gemüse, Oliven und Pommes gestellt. Wir sitzen mit beim Lehrer, der das Fladenbrot in unserem Kreis zerteilt und davon jedem ein Stück reicht. Das Brot dient zugleich als Besteck. Das bedarf ein wenig Geschick aber wir haben das schnell raus :-) Ebenso, dass man nicht über die Platte greift (weil da vielleicht ein schöneres Stück Fleisch liegt) sondern nur von dem Teil nimmt, der zu einem zeigt. Die Schüler räumen alle zusammen ab, ein paar Jungs holen das frische Obst, was sie zuvor in Eimern unter dem Rinnsal von Wasserfall stellten. Sie schneiden die Äpfel und Apfelsinen auf und wieder greifen alle herzhaft zu. Nun folgt die Teezeremonie, korrekt im hohen Strahl :-) Zwei Jungs, die sich von Franks Kamera angezogen fühlen, fragen, ob sie sich die Bilder darauf ansehen dürfen. Na klar, kein Problem......oder doch....denn während ich so mit ihnen „blättere“ (Frank ist gerade im Gespräch) erst die Bilder von Marokko, dann einige von zu Hause ….kommen Bilder, wo Ruck Zuck alle jungen Männer um mich herum sitzen …..Leichtathletik in der Arena in Leipzig....junge Athletinnen, blond, bauchfrei, kurze Hosen …....
.....Mm, was jetzt tun? Kamera ausmachen? Ich entscheide mich schneller durch zu „blättern“.......
Aufbruch, schnell, ordentlich, organisiert, die Jungs tragen alle Utensilien ihres Ausfluges, der Lehrer seine Tasche, zwei Mädchen laufen vorneweg, zwei als letztes. Erst jetzt sehe ich, eine von ihnen hat missgebildete Füße. Wie will sie damit so weit laufen? Über all die Steine, Wasserläufe ....und vor allem wie weit? N´Kob, die Stadt in der sie leben, ist eine reichliche Autostunde entfernt. Wir fragen nach und erfahren ein Bus würde an einer Abbiegung auf sie warten..... mehr als einen Kilometer vom Wasserfall entfernt. Wir bieten dem Mädchen an sie dort hinzufahren. Das heißt, ich werde fahren....denn ein Ausländer dazu noch männlich...mit einem islamischen Mädchen neben sich im Auto.....Geht nicht. Frank will mich aber nicht allein fahren lassen, „Wer weiß, wo wirklich der Bus auf sie wartet. Und dann ist was mit dem Auto. Und...“, er grinst, „Deine Orientierung ist auch nicht die beste.“ Also Frank und Freddy hinten rein, das Mädchen klettert dankbar auf den Beifahrerplatz und los geht es.
An der Abbiegung kommt gerade der Kleinbus an (wie sollen da nur alle rein passen?), ich halte neben ihm. Das erste Mal in Marokko erklingt kein „Bon jour“....dem Mann klappt nicht nur sinngemäß der Kiefer nach unten. Ein deutsches Geländeauto, eine Frau am Steuer, daneben ein Mädchen aus der Gruppe, die er abholen soll....das ist wohl alles ein wenig zu viel für ihn. Ich höre wie das Mädchen neben mir kichert. Aha, ich sehe das nicht nur allein so.
Wieder zurück, bei Uli und Gisela, entscheiden wir, wir bleiben gleich hier. Also eine Palmengruppe angesteuert...Campingstühle raus, die Feuerpalmen von gestern runter vom Dach, noch ein paar Palmenwedel dazu gesammelt....wir wollen heute wieder am Feuer sitzen. Zuvor will Frank noch einen Berg besteigen, Uli und Gisela haben auch Lust. Ich schaue zu Freddy. Die Strapazen seiner überstandenen Reisekrankheit, der Hitze und des Fotoshootings sind ihm anzusehen, „Ich bleibe mit Freddy hier, geht mal allein.“ Frank schaut mich an, „Wirklich?!“ Ja, wirklich. Kaum sind die Drei außer unserem Blickfeld entschwunden, setze ich mich in den Campingstuhl, Freddy legt sich neben mich auf den Boden und ist ruck zuck eingeschlafen. 
Und wie ich da so da sitze, „mutterseelenallein“ in dieser grandiosen Natur ….denke ich, Oh je, da hatte ich doch wirklich Angst vor dieser Reise, wollte mir sogar ein Pfefferspray besorgen....und nun ….nun sind alle Bedenken und Ängste aufgelöst.





2 Kommentare:

  1. Herrlich, da bekommt man Lust aufs Reisen. Die lebendigen Berichte von Heike sind meine "kleine Auszeit" im Alltag.

    Bitte: Noch mehr davon.

    AntwortenLöschen
  2. Hallo :-) Genau das soll es bewirken - die Lust aufs Reisen. Herzlichen Dank für deinen Kommentar. Es ist ein schönes Gefühl zu lesen, das du unseren Reisebericht als "kleine Auszeit" erlebst.

    Liebe Grüße
    Frank & Heike & Freddy

    AntwortenLöschen