Sonntag, 22. Mai 2016

Marokko Reise 2016 - Sonnabend den 09.04.2016

Heike
Sonnabend, den 09.04.2016, 10. Reisetag 



Tee trinken unter Lämmern, Heiraten auf dem Markt, Flussdurchfahrt zwischen 300 Meter hohen Felswänden

Es ist so herrlich zu erwachen, die Sonne scheint in unser Zelt hinein, wie die Geräusche von etlichen Wasservögeln zu uns vordringen. Abgelöst von den Geräuschen der Nacht, die vor allem aus ...tja, wie soll ich es formulieren.... trotzige, streitenden Esel-Lauten ….ich konnte dann gar nicht anders, als mitten in der Nacht aufzulachen...denn, was gibt es mitten in der Nacht aufzumotzen, bei freilaufenden Eseln.
Nach dem Frühstück, diesmal auf der anderen Seite vom Haus, das obligatorische abwaschen, ein- und aufräumen.....dann fahren wir zum acht Kilometer entfernten Lac de Isli. Wobei ich feststelle, dass mir die acht Kilometer zum See, wie zwei vorkommen. Vielleicht ....Ganz bestimmt, weil ich fahren darf. Da sind pure Glücksgefühle im Bauch.... diese Gegend, die Piste, zwischen etliche schwarzen Ziegen- und weißen Schafherden entlang, melancholische orientalische Musik und ….ich am Steuer. Wieder bin ich in meinem „Traum“ ….Und es fühlt sich real noch viel schöner an.
Auf dem Rückweg, funkt uns Uli an. Oh ja, wir haben dank Frank Funk :-). Also Uli ist leicht aufgeregt, wiederholt noch einmal, dass unsere Einladung am ersten Haus des Ortes sei. Durch meinen Kopf geht die kleine Ansammlung von Häusern ...waren es überhaupt vier? Ich muss schmunzeln.... wir müssen da nicht Ausschau halten, nicht bei vier Häusern und einer Straße. Außerdem werden unsere Gastgeber uns „finden“. Schließlich wird es nicht so oft vorkommen, dass hier Touristen übernachten (die zudem noch ihr eigenes Feuerholz mitbringen) ….mit anderen Worten unsere Gastgeber werden nicht weniger aufgeregt sein, wie wir. So ist es dann auch. Der Pickup steht auffällig an der Straße geparkt und vor dem Haus stehen die beiden Kapuzen- Männer. Stolze, warmherzige Berber.
Heute morgen beim Frühstück haben wir uns gefragt, wie verhalten bei so einer Einladung? Geschenke mitbringen? Wenn ja, welche? Gisela und Uli entscheiden sich für ein Stück Lux Seife für die Frau des Hauses, und für die Kinder Malstifte, wir steuern Äpfel bei. So „beladen“ laufen wir den
Weg bis zum Haus herauf, wobei Haus nicht der beste Ausdruck ist. Denn auch, wenn wir großen Respekt vor dem Leben der Menschen hier haben, ist für uns das Haus optisch gesehen eher ein Stall....aus Feldsteinen erbaut, keine zwei Meter hoch, winzige Fenster ohne Scheiben. Zunächst lockere Konversation vor dem Haus..... gut geschlafen, gut gefrühstückt..... Ich denke kurz, „Oh, mit dem Tee wird es wohl doch nichts“....besinne mich dann, denn so ist das Leben hier, niemand fällt mit der Tür ins Haus (auch die Männer näherten sich ja gestern Abend unserer Lagerstätte sehr bedächtig, brachten sich zunächst mit ein...also hackten Holz, brachten es zur Feuerstelle, kochten Tee) und vor allem hier rennt niemand der Zeit hinter her, hier nehmen sich die Menschen Zeit. Dann ist es soweit, wir werden ins Haus gebeten und wieder eine neue Erfahrung....die ich gleich erzähle. Zuvor einige Fragen: Was zeigen wir daheim zu aller erst unseren Besuchern? Gehen wir mit ihnen in die Küche, ins Wohnzimmer, in den Garten.......? Was ist uns wichtig? Was wollen wir unseren Besuchern von uns präsentieren? Welcher Raum sagt am meisten über uns und unser Leben aus? Wir binden Freddy vor dem Haus fest und werden ins Haus geführt und befinden uns unvermittelt zwischen frisch geborenen Lämmern. Der Rest der Nabelschnur hängt noch an ihrem Bauch. Bevor wir das jedoch erkennen, müssen sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Ich schaue weder Frank, noch Uli oder Gisela an. Warum nicht? Weil ich dann wohl hätte lachen müssen. Situationskomik – Lachen. Wir loben und bewundern die vielen Lämmer, wissend, dass diese Tiere die Gegenwart und Zukunft unserer Gastgeber sind. Dann werden wir in den anliegenden Raum geführt. Küche, Schlaf- und Wohnraum in einem. Über Eck an zwei Wänden Bänke, selbst gezimmert aus rohem Holz, ähnlich unseren Holzpaletten, darauf Schaumgummimatten mit Decken belegt. Gegenüber an der Wand ein langes Regal mit Küchenutensilien. Vor den Wohn- und zugleich Schlafbänken ein niedriger Tisch, in der Ecke ein kleiner Holzofen, auf dem eine Aladinteekanne vor sich hin kocht, also ...genau, aus der Schneppe kommen Blasen.
Wir nehmen Platz, ich bitte um ein Messer, um einen besonders großen Apfel zu teilen und gebe jeweils eine Hälfte der kleinen vierjährigen Tochter und dem sechsjährigen Sohn des Schäfers. Da die Kleine rote Apfelbäckchen hat (der Vater sagt uns von der Sonne, uns erinnert sie an ein Mädchen, welches einem russischen Märchen entsprungen ist...da haben die Mädchen und Frauen auch immer kreisrunde rote Backen) und sie herzhaft in ihre rote Apfelhälfte beißt, fragen wir, ob wir ein Bild schießen dürfen. Wir dürfen und können daher auch dieses tolle Bild hier einstellen. Den Kindern und den Männern zeigen wir die Bilder im Display. Ihre Freude darüber ist übergreifend. Unser Gespräch besteht mehr aus Augensprache, Mimik und Gestik. Dennoch können wir mit englisch und französisch einiges erfahren. Der Schäfer hat
zirka hundert Schafe, die er gemeinsam mit den Schafen des Nachbarn grasen lässt. Damit sind die beiden Familien gut situiert. Die Frau des Schäfers und damit Mutter der zwei Kinder ist an diesem Tag im ca. fünf Kilometer entfernten Imilchil zum Markttag. Die kleinen Lämmer, die sich im Nachbarraum befinden sind von wenigen Stunden bis zu fünf Tagen jung. Leider scheitern andere Fragen bzw. die Antworten an Sprachbarrieren. Warum sind die Lämmer getrennt von ihren Müttern? Kommen die Mütter nachts ins Haus, angezogen vom Geblöke ihrer Kleinen, getrieben vom vollen Euter und säugen dann ihren Nachwuchs? Wenn ja, wie kommen die Kleinen dann tagsüber ohne Milch aus? Oder werden die Mütter auf der Weide gemolken und die Kleinen bekommen mit der Flasche? Nach einigen Gläsern Tee verabschieden wir uns. Vor dem Haus richten wir uns wieder auf....binden Freddy ab und da Frank und ich keine Angst mehr bei den Männern erkennen (wir glauben der „Angst-Bann“ von gestern Abend wurde durch die gelbe Ente gebrochen.....Freddy legte die Ente vor die Füße der Männer, die schnell begriffen, warum und sich über das Weg-schmeiß/ Her-bring Spiel begeisterten) und auch die Kinder jetzt nicht mehr angstvoll zu Freddy hinschauen, lassen wir ihn von der Leine. Die zwei Kinder freuen sich, dass er ihnen so brav hinter her läuft und wir sechs Erwachsenen freuen uns mit ihnen.
Wir fahren nach Imilchil, eine ausschließlich von Berbern bewohnte Bergoase mit rund 1500 Einwohnern, bekannt durch seinen alljährlichen berühmten Heiratsmarkt. Einst reine Tradition verknüpft mit sehr praktischen Beweggründen, heute ebenso bunter Jahrmarkt und Touristenmagnet. Der Legende nach sind die beiden Seen, an denen wir heute übernachteten bzw. an einen und den anderen besuchten, aus Tränen zweier Liebender entstanden, deren Familien- oder Stammesoberhäupter nicht in die Hochzeit einwilligten. Die Beiden weinten sich zu Tode und aus Trauer und Reue beschloss man alljährlich ein Fest zu organisieren, bei dem sich junge Männer und Frauen der in der näheren und weiteren Umgebung lebenden Stämme kennenlernen und gegebenenfalls auch heiraten können. Auf jeden Fall ist dieser Heiratsmarkt wesentlich zeitsparender und effektiver als unsere Online- Partnerbörsen … Männer und Frauen reisen für wenige Tage an (wie viel genau, wissen wir nicht) tragen ihren besten Sachen, die Frauen sollen wohl sehr geschminkt und geschmückt sein.... …..es wird sich beschnuppert (wer sich riechen kann, passt zumindest vom Immunsystem her zusammen, was wichtig ist zum zeugen gesunder kräftiger Kinder), sie hören sich zu (auch sehr wichtig, zum einen wegen dem Inhalt, zum anderen wegen der Frage: Kann/will ich die Sprachmelodie, Höhe/Tiefe der Stimme meines Partners ein Leben lang oder zumindest ein paar Jahre ertragen) und sie sehen sich. So, und wie ist es bei unseren Online Partnerbörsen? Mann und Frau schreiben sich lange hin und her.....Dann telefonieren sie, womöglich scheitert es an der Stimme ….also erneut an den PC, über Wochen wieder chatten, wochenlang telefonieren, diesmal passt die Stimme....erstes Treffen und dann hat der Mann/die Frau so gar keine Ähnlichkeit mit dem online eingestellten Bild. ...ist von einem Tag zum anderen um etliche Jahre gealtert, hat über Nacht seine Haarpracht verloren oder/und seine Konfektionsgröße um drei Größen erweitert.
Da ist so ein Heiratsmarkt, wie bereits erwähnt, viel effektiver.....abchecken, riechen, sehen, hören....über andere aushorchen, was ist das für ein Typ, arbeitsam, geschickt ....kommt sie aus einer Familie, in der alle Frauen leicht schwanger werden und ohne Schwierigkeiten gebären......Hände heimlich anschauen....Oh ja, sie oder er kann hart arbeiten...in Frage kommenden Partner zum lachen bringen....Oh, nein, dem fallen ja jetzt schon die Zähne aus …..und beobachten, welche Richtung haben die Mundwinkel....zeigen sie nach unten, Oh, ja, der Miesepeter passt zu mir, Oh, nein, so eine Miesepetra will ich nicht. Aber in wie weit, Mann und Frau sich selbst aussuchen dürfen......das hängt wohl damit zusammen, wie traditionell oder modern eine Familie ist. Auch, wenn die Frauen der Bergstämme von jeher als frei und selbständig gelten. Auf jeden Fall darf eine geschiedene oder verwitwete Frau (auch in Marokko nehmen Scheidungen zu) sich den nächsten Mann immer selbst aussuchen. Diese Frauen tragen dann auf dem Heiratsmarkt als „Erkennungszeichen“ hohe und spitze Hüte. In Fes erzählte unser Guide, verheiratete oder verwitwete Frauen erkenne man am weißen Kopftuch, als Zeichen ihrer neu erlangten „Reinheit“ (....wie viele Wochen/Monate Abstinenz dafür erforderlich ist ….blieb offen). Übrigens sagte der Guide auch, „natürlich können sich in Marokko die Frauen ihre Männer grundsätzlich selbst aussuchen“. Aber irgendwie konnte ich ihm das nicht ganz abnehmen. Da war was in seinem Blick...vielleicht möchte er gern sein Land so sehen…....Und seine Reaktion auf meine Frage von mir, wie es sich mit Scheidungen verhält...„Bei uns werden keine Frauen geschlagen. Denn, wenn das geschieht kann sich eine Frau scheiden lassen und der Mann muss ein Leben lang für sie aufkommen.“ Ich hatte nicht nach Misshandlungen von Frauen gefragt.....??...... liegt es daran, dass durch die derzeitige politische Lage der Umgang mit Frauen im Islam in unserer westlichen Welt nicht gerade gut weg kommt…..fühlen sich die Menschen hier ins schlechte Licht gerückt, zu Unrecht verstanden oder ertappt….gehen sie auf Angriff, bevor sie angegriffen werden könnten?
Zurück zum Heiratsmarkt in Imilchil, denn es gibt dafür noch zwei weitere sehr praktische Gründe. Zum einen Kostenersparnis. Wenn Mann und Frau zusammen passen oder es wird gedacht, sie passen zusammen, erfolgt die Hochzeit am letzten Tag des Marktes. Alle Kosten des großen Festes werden damit unter allen Ehepaaren aufgeteilt (zumal die Gäste ja schon da sind, dazu in Festtagskleidung und im eigenen Zelt). Zweitens Landwirtschaft ist harte und zeitintensive Arbeit. Wenn aller paar Wochen eine Heirat stattfinden würde....wären immer gerade Menschen zu einer Hochzeit unterwegs ....hinkommen einen Tag, feiern einen Tag, zurück nach Hause einen Tag....was bedeutet die Menschen fehlen für bis zu drei Tage auf dem Feld. Und im Winter funktioniert eine Heirat auch nicht..... schließlich gibt es hier keinen Winterdienst. Heute jedoch ist kein Heiratsmarkt in Imilchil (erst wieder im Herbst, nach der Ernte & kurz vor dem Winter) sondern Wochenmarkt. Es gibt Gemüse, Obst, Eier, Nüsse zu kaufen, frisch geschlachtete Hühner und Schafe, manche noch mit Federn und Fell, manche ohne, Waren des täglichen Bedarfs bezüglich Kleidung und Haushalt. Wir kaufen wie immer Gemüse, Brot und Obst, dazu Eier, die wir in eine dünne Plastiktüte eingepackt bekommen.....Ja, damit laufen wir sehr vorsichtig ...und pro Pärchen eine Aladinteekanne, denn das haben wir als dritte Lektion gelernt (erste Lektion, Sammeln von Holz.... zweite Lektion, wie bereite ich Tee zu) die Teezeremonie gehört hier zum „guten Ton“. Wir haben während der ganzen Zeit einen Begleiter, der uns zum Markt vom Auto aus begleitet (obwohl nicht zu verfehlen) und uns beim einkaufen behilflich sein möchte … ...Frank, Gisela und ich sind abweisend, denn natürlich wissen wir, auf was das heraus läuft......Uli schafft es nicht, das beißt sich mit seiner Höflichkeit. 
Auf unserer Weiterfahrt ist heute verkehrstechnisch mal was los. Da der Tiermarkt, bei unserem Eintreffen, sich gerade dem Ende näherte, fahren die Bauern mit den unverkauften Tieren zurück in ihre Dörfer. Oder korrekter gesagt, die Tiere werden in ihre Dörfer zurück gebracht von einem Fahrer, was folgendermaßen aussieht. Im Inneren der alten Kleinbusse, fast immer der Marke Mercedes, sind die größeren Tiere, Esel, Kühe, Kälber, obendrauf in einem zum Himmel offenen Käfig sind die Schafe und Ziegen. Der Fahrer wird im Dorf bereits erwartet.... Tür auf, – Kuh vom Bauern Ali raus, aufs Dach geklettert, Schaf von Bauern Mohammed ergriffen, an den Hinterbeinen kopfüber nach unten gereicht, ein anderer Mann greift zu und stellt das Tier auf alle vier Beine. Tier trottet nach Hause. Ob die Schafe oder Ziegen dabei Angst haben? Denken wir nicht. Jedenfalls haben wir keines blöken gehört oder das eins verschreckt wirkte. Wahrscheinlich sind sie diese Art von „Reisen“ gewöhnt. Irgendwann hört der Rücktransport der Tiere auf, und wir sind wieder Fahrzeug - technisch allein auf der Straße unterwegs, mit Reitern auf Eseln und Pferden und …..vielen, vielen Kinder (es sind gerade Schulferien). Die uns wieder versuchen anzuhalten, bettelnd ihre Hände ausstreckend. Dachte ich gestern noch eine Option wäre, jeden Tag das Auto neu zu beladen mit Obst und Keksen, denke ich heute, selbst, wenn unser Toyota ein LKW wäre und nicht ein Auto, was bis auf den letzten Zentimeter ausgenutzt ist …...könnten wir unmöglich so viel hinein laden, das es für alle Kinder reicht. Was bedeutet, einigen Kindern schenken wir kurzfristige Freude, den leer ausgegangenen Kindern bittere Enttäuschung. Und wir selbst würden wohl gar nicht mehr vorwärts kommen.
Unser jetziges Ziel ist die berühmte Todraschlucht und die Oasenstadt Tinihir. Ich kann nur noch mal erwähnen, die Landschaft des hohen Atlas ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Trotz seiner Kargheit.... mittlerweile sind auch Bäume zur Seltenheit geworden. Die Dörfer bestehen aus Lehmhäusern, die sich perfekt der Landschaft anpassen, in Farbe und oft auch in Form. Und diese Dörfer sind belebt (bei uns begegnet man ja sehr häufig keinen Menschen auf den Dorfstraßen, geschweige denn, auf der Straße zwischen zwei Dörfern). Alte Menschen stehen vor ihren Häusern, Kinder spielen zusammen (zumindest solange, wie sie uns nicht sehen), größere Jungs sitzen um ein Schachbrett herum oder spielen Fußball, die Frauen scheinen bei Sonnenschein täglich zu waschen, oft mit ihren Babys im Tragetuch auf dem Rücken.....Männer trinken zusammen Tee. Wir überqueren einen Pass....diese Ausblicke.....und nähern uns der Todraschlucht, wir fahren sozusagen durch die Vorschlucht der Todraschlucht. Die schmale Straße führt an einem Fluss entlang, an dem Palmen wachsen und riesige Felssteine liegen. Es ist
schwer bei all der Schönheit uns für einen Picknickplatz zu entscheiden. Und als wir dort zu Mittag essen, Freddy im und am Fluss mit seiner Ente spielt, möchte ich am liebsten gar nicht mehr weg. Unser Feuerholz für den Abend besteht heute vorwiegend aus abgestorbenen Palmenwedeln, die Frank wieder auf den Toyota schnallt. Und ich darf wieder ans Steuer (wenn ich schreibe „darf“ hat dies nichts damit zu tun, dass Frank mir den Toyota nicht anvertrauen oder meine Fahrfähigkeiten in Frage stellt. Er wird nur so schnell Reisekrank....und hier bei den Serpentinen …...) Dann ist es soweit, wir biegen in die berühmte Schlucht ein, vorbei an etlichen bunten Souvenirlädchen. Ich bin sprachlos und deswegen hinterfrage ich auch nicht, was Frank mir anweist, „Links abbiegen“, ich blinke sogar.....mein Blick hängt an den 300 Meter hohen Felsen, an der Enge der Schlucht – zehn bis dreißig Meter breit, und einem Hotel, was so dermaßen geschickt in die Landschaft eingebaut ist, das ich glaube eine Fata Morgana vor mir zu sehen..... und dann bin ich im Wasser, korrekter gesagt im Fluss und vor Schreck und Unfähigkeit mit den großen Steinen im Fluss umzugehen, würge ich unseren lieben Toyota ab....bekomme ihn wieder an, zum Allrad schalte ich Untersetzung ein (was bedeutet
das sich die Übersetzung der einzelnen Gänge halbiert und man sich dadurch besser durch das Gelände bewegen kann) und fahre nun souverän und konzentriert ans andere Flussufer. Uli funkt uns zu, „Wir bleiben hier stehen. Das ist uns zu gefährlich mit den vielen Steinen im Fluss.“ Frank funkt zurück, "Aber später in der Wüste musst du durch solche Flussbetten fahren. Auch, wenn diese ausgetrocknet sind." Und schon rollt der Sprinter los.... Wir wandern durch die Schlucht, was wenig spektakulär ist, da die Schlucht sehr kurz ist und viele Menschen unterwegs sind. Wir sind halt in einem Touristenmagnet angekommen und verwöhnt durch die Einsamkeit auf den Pisten des hohen Atlasgebirges. Also
relativ schnell wieder ins Auto, erneut durch den Fluss hindurch und Richtung Tinghir, was nur noch wenige Kilometer entfernt liegt. Wir halten auf dieser kurzen Strecke mehrmals an, bestaunen die langgezogenen Oasengärten im Tal. Für mich ist es wie in einem orientalischen Märchen.
Unser Nachtquartier ist der Campingplatz Ourti, der sich nahe an der Stadt befindet und gleich neben den Souks, die nur leider heute Abend nicht geöffnet haben. Der Campingplatz ist ein kleiner ummauerter Bereich mit Eukalyptusbäumen. Ich trauere eine Weile dem wildcampen nach, doch zum anderen freue ich mich auch riesig auf eine heiße Dusche. Und die gibt es hier, eine heiße Dusche in einer sehr sauberen Sanitäranlage. Auch, wenn der Zeltplatzwirt erst mal die Bewässerung seiner Pflanzen einstellen muss, als wir nach einander in der Dusche verschwinden......denn entweder Bewässerung der Pflanzen und kein Tropfen aus der Dusche, oder gut laufende Dusche aber kein Tropfen aus dem Gartenschlauch. Während wir so auf unseren Campingstühlen sitzen, tritt eine ältere sehr attraktive Frau zu uns heran. „Ich bin Anne“, stellt sie sich vor und plaudert dann in der Ich-Form los, worauf ich sie unterbreche und frage, „Reist du denn alleine?“ Ja, das tut, seit zehn Jahren, jährlich drei Monate Marokko. „Keine Angst?“, Nein, hat sie nicht, da sie noch nie eine schlechte Erfahrung gemacht hat, abgesehen von einer Herfahrt vor zwei Jahren, wo sie in Spanien ausgeraubt wurde. Aber Marokko, strahlt sie, ist ein sicheres und dazu ein so schönes Land. „Wie alt bist du?“, frage ich neugierig. „Nächstes Jahr werde ich siebzig.“ Mir bleibt mal wieder der Mund offen stehen, während mein Herz Freudensprünge veranstaltet. Das macht doch Mut! Zum einen was das Individualreisen im Alter betrifft und dann ihr Aussehen, sie sieht höchstens aus wie sechzig. Und dazu ist sie so schön gekleidet, feminin, schick, cool. Sie erzählt munter weiter, das sie einen Bus ohne Allrad fährt und dennoch fast alle Pisten gut gemeistert bekommt. „Und“, entfährt es mir, „Wenn du mal stehen bleibst....kannst du denn ein Auto reparieren?“ Meine Gedanken sind währenddessen bei mir, ich könnte noch nicht mal einen Reifen wechseln......Nein, kann sie nicht. Aber dafür hätte Marokko einen ausgezeichneten ADAC Dienst. Ja, was sagt man dazu? Am Abend ist sie eingeladen von Edith Kohlbach, die einen Reiseführer schreibt, mit dem hier wohl die meisten Deutschen herum reisen. Die Autorin ist wiederum von einem gut betuchten Teppichhändler eingeladen (der sich wiederum davon verspricht, in ihrem Reiseführer aufgenommen zu werden) und da sie keine Lust hat allein zu gehen, begleitet Anne sie. Die beiden Frauen sind sich zuvor auf ihren Marokko-Reisen mehr als oft spontan begegnet, woraus eine Freundschaft entstand.
Wir gehen zum Abendessen in die Stadt. Und wählen unser Restaurant danach aus, wo die meisten Einheimischen sitzen. Überwindung kostet es Uli und mich, noch mehr Überwindung Gisela, Frank bleibt relaxt. Denn die Sauberkeit hier lässt mehr als zu wünschen übrig.....ausgeblichene Plastikstühle, herum streunende Katzen, klebrige Tische, Schmutz auf dem Boden. Da die Entscheidung gefallen ist, wischen wir den Tisch mit einer Serviette ab, stellen unsere Taschen statt auf den Boden auf Stühle und konzentrieren uns auf die Fleischspieße in der Auslage, denn die sehen frisch und gut aus, und daneben steht der Grill. Also alles gut. Zu den Fleischspießen bestellen wir zwei Tajinen, die ja, wie schon erwähnt, mit Gemüse und Fleisch gefüllt, siedend heiß auf den Tisch gebracht werden. Alles schmeckt super lecker. Danach gibt es ein zwei drei Teerunden und man mag es glauben oder nicht, auch Tee kann einen in einen äußerst beschwingten Zustand versetzen.

2 Kommentare:

  1. Ich bin sehr begeistert von eurem Blog. Man kann sich wunderbar aufgrund des Schreibstils in euer Abenteuer hineinversetzen!
    Weiter so!
    LG J.

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  2. Hallo,

    ganz lieben Dank für deinen Kommentar. Es freut uns sehr, das dir unser Schreibstil gefällt und das du "geistig" mit uns auf Reisen gehst.

    Herzliche Grüße
    Heike & Frank & Freddy

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