Samstag, 28. Mai 2016

Marokko Reise 2016 - Montag den 11.04.2016

Heike
Montag, den 11.04.2016, 12. Reisetag


Wanderung bei Monsignore und Madame mit ihren Kindern, wilde Hunde im schmalen Flussbett, die Entführung des „Ayers Rock“ nach Marokko

Was für eine Nacht :-) sternenklarer Himmel, mal keine streitenden Esel und Hunde, keine miauenden Katzen, keine krähende Hähne ….absolute Ruhe. Was nicht bedeutet, dass ich nicht zwischendurch wach wurde, wahrscheinlich sind das die vielen Glücksgefühle im Bauch :-)
Nachdem Frühstück geht es los. Zunächst vier Kilometer Piste bis zu der Stelle, an der wir unsere Fahrzeuge abstellen wollen, um wandern zu gehen...ganz in der Nähe von Monsignore und Madame mit ihren Kindern (Bab N Ali). Vielleicht hat ja Madame ihrem Bräutigam ihre vielen Kinder verschwiegen....und dann zur Hochzeit sind die Kinder angerannt gekommen (die Hände ausstreckend nach Süßigkeiten....das erleben wir hier doch jeden Tag)....der Mann hat daraufhin einen Wutanfall erlitten.....erhob seine Hand, woraufhin allesamt versteinert wurden. Wäre zumindest eine Möglichkeit :-)

Unser armer Freddy springt heute gar nicht begeistert ins Auto. Mit dem anlassen vom Motor beginnt er zu zittern. Frank und ich schauen uns an....er tut uns so leid, ganz sicher hat er Angst, wir würden wieder Serpentinen fahren und er könnte..... Wir reden mit ihm, ich streichle ihn, allmählich beruhigt er sich. Nach einer Viertelstunde, kurz nach acht Uhr, erreichen wir unser erstes Ziel. Freddy springt rasch raus, wir ziehen unsere Wanderschuhe an ….also ich meine Wüstenschuhe, die von gestern noch ein wenig nass sind, nein, nicht vom Erbrochenen, sondern vom Wasser mit denen wir alles ausspülten......und los geht es.

Die Sonne scheint bereits jetzt erbarmungslos vom Himmel. Frank hat gesagt, die Wanderung gehe an einem Fluss entlang und dort gäbe es auch die Möglichkeit zum schwimmen....wie herrlich, schwimmen während einer angedachten dreistündigen Wanderung. Die ersten hundert Meter streitet sich etwas in mir....eine Stimme sagt, super, eine längere Wanderung....auch für unseren Freddy gerade mehr als passend .....die andere motzt, mein Gott, das ist doch eine Piste, da hätten wir auch noch ein Stück weiter fahren können – Oh, Wacke ….so schnell ist einen leidenschaftliche Wanderin vom Offroad fahren verdorben:-) Doch bald schon gibt es nur noch einen schmalen Pfad mit riesigen Steinen.....den würde noch nicht mal unser Toyota gemeistert bekommen.
Selbst nach einer Stunde Fußmarsch bleibt der Fluss so gut wie ausgetrocknet und mein Enthusiasmus heute noch ins kühle Nass abzutauchen schwindet. Aber an sich egal ….. rund herum die kargen Berge und neben dem
ausgetrockneten Flussbett alles grün. Was wollen wir mehr?! Und hier ist es noch einsamer wie sonst....und so denke ich, diesmal behält Frank bestimmt nicht Recht, wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auf niemanden treffen, hier wo es noch nicht mal eine Piste gibt, soweit im.... im....noch mehr abseits......
Und was passiert? Ein alter Mann, ganz in weiß gekleidet kommt uns auf seinen Esel entgegen geritten. Während ich mich noch frage, wo er nur herkommt...beginnen Felder, kleine Parzellen....ich möchte gar nicht wissen, welche Arbeit es war jede einzelne davon anzulegen.....Steine weg tragen, noch mehr Steine weg tragen, ausgetrocknete Erde umgraben..... dem Fluss ein wenig Wasser abtrotzen....Erstaunlicherweise wächst auf manchem Feld noch ganz grüner Weizen und auf dem Nachbarfeld fast
ausgereifter. Und in einem super winzigen „Garten“ sehen wir gerade mal drei rosa blühende Pfirsichbäume, zwanzig Zwiebeln und sechs hoch geschossene Chilipflanzen...Oh je, und dafür jeden Tag hier her wandern oder reiten.... da sagt doch mein westlicher Verstand: unproduktiv. Frank schaut auf sein GPS, „Also hier sind eigentlich die Fluss - Gumpen, in denen man baden kann“. Wir schauen in das Flussbett, so als könnte plötzlich Wasser aus unterirdischen Quellen hoch schießen....aber die Pfützen....sie bleiben Pfützen und damit unsere
Badesachen im Rucksack. Wir treten den Rückweg an, diesmal zunächst im ausgetrockneten Flussbett entlang. Und dort kommen uns gleich vier wilde Hunde entgegen, Frank und ich schauen uns erschrocken an. Wir haben noch nicht mal die Leine von Freddy mit und können nur hoffen, er hört auch weiterhin auf unser Kommando „Bleib“, was für andere „Fuß“ bedeutet. Fast zugleich bücken Frank und ich mich nach Steinen, bereit unseren Freddy im Notfall zu verteidigen. Drei Hunde weichen sofort aus, einer stellt Fell und Schwanz auf und fixiert unseren Freddy und uns.....schließlich sind wir in sein Revier eingedrungen. Nur können wir gerade jetzt... an dieser Stelle im Flussbett, nicht wo anders hin....Freddy lässt den anderen Hund nicht aus den Augen, dennoch spüren wir, wie er ebenso die Umgebung um sich herum abcheckt....Befürchtet er die anderen drei Hunde könnten aus dem Gebüsch springen und ihn angreifen? Neu für uns.... er macht noch nicht mal den Versuch nach vorne zu preschen, unter dem Motto, bevor du mich angreifst, komme ich dir zuvor ( ja, dazu neigt er). Noch zwei Meter …..Frank und ich erheben unseren Wurf – Arm. Die Geste reicht, auch dieser Hund verschwindet im Gebüsch der dichten Oleanderhecken. Bilden wir uns das nur ein? Oder schaut uns da unser Freddy tatsächlich dankbar an?
N`Kob, die Stadt am Ende der siebzehn Kilometer langen
Piste, präsentiert sich uns wie eine Wüstenstadt. Denn wir nähern uns ihr aus einer weiten Ebene heraus - flirrende Hitze, Staubwolken, Steinwüste, vereinzelte Schirmakazien – die Ebene verleitet uns zum Trugschluss wir wären gleich da. Aber dann vergeht ein Kilometer, ein weiterer und noch einer.......Ja, hier verliert man nicht nur die Zeit sondern auch das Gefühl von Weite und Nähe.....N´Kob hat rotbraune Erde....genau, damit steuern wir auf rotbraune Häuser zu. Wir stoppen in der Stadt, kaufen ein, wie immer in mehreren Lädchen....und weiter geht es, nur jetzt auf einer richtigen Straße, die dazu noch geteert ist. Noch 200 Kilometer bis zu unserem nächsten Ziel: Erg Chebbi ….die Wüste von Marokko. Wenn uns in dieser Zeit acht Autos begegnen ist das schon übertrieben.....rechts und links der Straße Weite, Weite, Weite....vereinzelde Palmengruppen,
in einer davon halten wir an, essen zu Mittag und halten Siesta. Und wir sehen auf dieser Strecke die ersten Kamele. Ich flippe vor Freude aus, Frank grinst, „Ich glaube nicht, dass du deine Begeisterung bei den nächsten hundert Kamelen aufrecht erhalten kannst.“ Und ob, denke ich.
Kurz vor Rissani funkt uns Uli an, „Jetzt müsste bald die Stelle kommen, von der ich euch erzählt habe, eine Art Felsenburg, ein Stück von der Straße abseits liegend. Wollen wir hinschauen?“ Klar, wollen wir. Kurz danach biegen wir links ab....endlich wieder Piste unter den Rädern :-) Sandpiste :-) Staubwolken :-) und vor uns mitten in der flachen Ebene ….wie soll ich es beschreiben? Mein erster Gedanke und auch mein zweiter und dritter lautet, so
muss der Ayers Rock sich im Outback von Australien präsentieren......Und dann mitten in diesem riesigen „Stein“ ein ebenso riesiges Felsentor. Wir fahren durch das Tor hindurch.... ein prickelndes Gefühl. Aussteigen, staunen, noch mehr staunen.....uns dabei gegen den Wind stemmen, Tücher über Kopf und Gesicht ziehen, Sonnenbrille noch fester auf die Nase drücken. Frank schaut mich strahlend an, „Wollen wir die Piste noch bis ganz nach oben fahren?“ Ich folge seinem Blick. Soll das für unseren Toyota möglich sein.....Ich schaue zu Frank zurück, meine Augen strahlen....na klar, will ich. Und, wenn Frank sagt geht, dann geht es auch. Für den Sprinter ist allerdings dann dieser Weg doch zu steil, zu schmal, zu ausgewaschen. Uli klettert mit zu uns ins Auto. Gisela entscheidet sich mit Freddy unten zu bleiben.
Oben angekommen, stemmen wir Drei uns gegen den Wind,
unsere Augen werden verträumt ….was für ein Blick! Uli steigt auf den Rückweg nicht mit ein.....ich hadere kurz, laufe ich mit Uli oder fahre ich mit Frank….Die Hand fest am Haltegriff (den sogenannten Angstgriff) geht es den Berg fahrend hinab. Mittels ersten Gang mit Untersetzung.
Wieder unten angekommen, rät Frank, „Wir sollten uns einen Zeltplatz in Merzouga suchen. Die sind alle von hohen Mauern umgeben. Denn bei dem Wind frei in der Wüste zu stehen, das macht echt keinen Spaß. “ Wir anderen drei nicken nur. Wir wissen zwar nicht, wie es ist in der Wüste frei zu campen aber wir wissen jetzt, wie weh Sand tun kann. Er pfeift unter unsere Sonnenbrillen hindurch, kriecht in unsere Nasen....als ich schnaube ist Blut im Taschentuch. Ja, ummauerter Zeltplatz klingt da gut. Außerdem draußen kochen und essen....wenn überall der Sand hinein geblasen wird.....Das fühlt sich wahrscheinlich im Mund an, wie quietschende Kreide im Ohr.
Wir schlagen in unseren Reiseführern nach, entscheiden uns für die Auberge Le Petit Prince, auch, weil Frank bereits einmal dort übernachtet hat ...und, weil Auberge bedeutet: Campingmöglichkeit, Pension und Gaststätte in einem....also echten Luxus ....duschen und lecker essen gehen :-)
Als wir die ersten Dünen in der Ferne sehen, glaube ich
unter Halluzination zu leiden.....das sieht so dermaßen unecht aus. Und dann die vielen Kamele, schon allein wegen Frank, zeige ich auf jedes einzelne, „Ach, schau mal da ist noch eins“…..
Von außen ist die Auberge mehr als unscheinbar.... wie alle anderen Aubergen auch, die wir hier in Merzouga sehen .....aber wie gesagt, unser Focus ist auch mehr auf die Dünenlandschaft dahinter gerichtet......es sieht aus, als hätte jemand mitten in einer flachen Landschaft abertausende von LKW Ladungen Sand ausgekippt. Von außen wenig einladend ….überrascht der Innenhof der
Auberge Le Petit Prince. Klein, fein, sauber, überdachte Terrassen inklusive Sitzecken, blühender Oleander…..und das aller Beste, der „Hinterausgang“ führt direkt in die Dünen hinein..... ich strahle Frank an, „Schau mal dort liegen Kamele.“ „Echt“, grinst Frank, „Die hätte ich hier gar nicht erwartet.“ Freddy macht einen sehr hohen Bogen um die Tiere, ich gehe sehr nah ran....und springe weg. Also Kuscheltiere sind das nicht. Erstens schürzen sie die Lippen, als würden sie einen anspucken wollen, zweitens geben sie Laute von sich, die äußerst abweisend klingen.
Der Besitzer der Auberge ruft uns zum Begrüßungstee. So, wie er sein muss.....frische Pfefferminze, viel Zucker, kochend heiß und dazu noch im hohen Strahl serviert. Dann zeigt der Besitzer auf unseren Toyota, sagt, „Der Wüstenfuchs, der war schon mal hier.“ „Stimmt“, freut sich Frank. „ 2012“. Stolz erzählt uns der Besitzer, er hätte jetzt auch eine Waschmaschine. Frank und ich schauen uns an.....Freddys Decke ist immer noch in einer Plastiktüte ….also die mit dem Erbrochenen. Das passt doch!
Wir bestellen für halb acht einen Tisch und damit das Menü des Hauses. Wir sind die einzigen Gäste (mit uns sind nur noch zwei weitere Wohnmobile da, aber die essen wohl in ihrer Bordküche), der Tisch ist liebevoll gedeckt mit Tischdecke und Servietten...und wir sind frisch geduscht. Wobei ich erwähnen muss, ich habe den ganzen Tag in meinen Wüstenschuhen zugebracht und keine Blase, keine Druckstelle, keine Rötung... wobei ich natürlich niemanden zu dieser Art von „Vorbereitung“ raten würde …..also das mit dem Erbrochenen von Freddy im Schuh.....Oh je, wie Frank dabei ausgesehen hat..... schließlich hat er mir die Schuhe zu Weihnachten geschenkt.
Als Vorsuppe bekommen wir eine Art weiße Bohnensuppe, darauf folgt ein Salat aus Tomaten, Gurken, Zwiebeln (ja, es stimmt, laut Reiseführer sollte man in Marokko keinen frischen Salat essen.....). Und dann kommt das Hauptgericht.... vor allem für die Männer ein Traum..... eine Pfanne voller zarten mageren Fleischstücken, in einer Soße aus zerkochten Gemüse, vielen Gewürzen und obendrauf Spiegeleier... alles siedend heiß serviert. Ich esse aus dieser riesigen Pfanne mit (obwohl ich zu Hause Fleisch eher verschmähe.... aber hier in Marokko gibt es ja (noch)keine grausame Massentierhaltung) Gisela bekommt eine vegetarische Tajine. Und zum Nachttisch gibt es für alle süße Bananen und saftige Apfelsinen bestreut mit Zimt. Und zum Abschluss..... richtig :-) Pfefferminztee mit viel Zucker im hohen Strahl serviert.
Bevor wir ins Bett gehen, bestaunen wir den funkelnden Himmel über der Wüste. Ich ahne schon, ich kann vor lauter Aufregung und diesen Glücks - und Liebesschmetterlingen im Bauch wieder nicht durchschlafen.

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