Samstag, 14. Mai 2016

Marokko Reise 2016 - Donnerstag den 07.04.2016

Heike
Donnerstag – unter Zedern, bei den Affen, im „Canyon“
Wir sind wieder unterwegs :-) nach Azrou über Sefrou und Ifrane.
Relativ schnell sind wir von Fes in den mittleren Atlas gekommen. Und selbst, wenn es abgedroschen klingt …..die Landschaft ist atemberaubend schön. Wir sind im nord-westlichen Atlas, an dessen Bergen sich die Wolken stauen und abregnen, was zur Folge hat ( laut Frank) das es hier am grünsten ist. Dennoch wirkt das Gebirge eher karg auf mich, trotz etlicher Kiefern, vereinzelter Zypressen und herrlichen Zedern. Der Waldboden erscheint wie gefegt. Kein Gras, kein Moos, kein abgestorbenes Holz, kein Gestrüpp oder Buschwerk. Wenn mir das jemand vor Antritt unserer Reise beschrieben hätte....hätte ich wohl gefragt, „Wo soll denn da der Reiz eines Waldes sein?!“ Aber so ist es mit den hätte und wäre und könnte.....absolut ohne Belang. Es zählt nur der Ist Zustand und unser eigenes Erleben darauf.
Am See Haylet fahren wir spontan von der Straße ab und per Piste zum See herunter. Der See „liegt“ klar und flach da, etliche Wasservögel, am Ufer grasende Pferde, herrliche Ruhe. Wir fahren die Piste weiter, vorbei an ärmlichen Behausungen, die Menschen die hier leben, winken uns freundlich zu, wir winken ebenso freundlich zurück. Zunächst sieht es so aus, als würde die Piste beim letzten „Haus“ enden, wir „hoppeln“ über Steine und durch Löcher weiter, denken daran umzudrehen und finden im Wald einen Weg, der mit Allrad zu befahren scheint (das hoffen wir zumindest). Alte knöcherne Steineichen und riesige Felsen säumen den steinigen kaum zwei Meter breiten Pfad. Und ruck zuck geht meine Phantasie mit mir durch.....denn für mich sind wir im Märchenwald
gelandet. Frank scheint es zumindest ähnlich so zu erleben, denn er hält an, steigt aus und …..wird noch ruhiger als sonst, ich weiß, er genießt so aus vollem Herzen. Leider endet der Märchenwaldweg nach ca. sechs Kilometern und wir sehen Weiden vor uns. Auf der noch immer schmalen Piste steht ein LKW, sodass wir anhalten müssen. Wo kommt in dieser Einöde ein LKW her? Jedenfalls nicht aus unserer Richtung, das verrät allein schon die Fahrtrichtung des bunten Kolosses. Erst jetzt fällt uns das Haus auf, welches sich an einem Abhang rechts von uns befindet. Wir hupen und kurz darauf kommen zwei Männer und eine Frau mit Baby aus dem Haus. Die Frau kraxelt rasch die steile Anhöhe zu uns hoch. Einer der Männer folgt ihr. Kurz spüre ich den Impuls mein Fenster hoch zu kurbeln, widerstehe ihm jedoch. Die Frau fragt durch Gesten, ob wir was zum essen oder / und zum anziehen für sie hätten. Ich gebe ihr den Teller mit dem türkischen Honig und den Nüssen, den ich gestern in Fes gekauft habe, dazu ein frisches Baguette. Mann und Frau strahlen uns an, obwohl beide noch unter dreißig zu sein scheinen, sind ihre Zähne in einem katastrophalen, arg bemitleidenswerten Zustand. Kurz hadere ich mit mir, was die Hingabe des so süßen türkischen Honig betraf....aber... ob eine Portion weniger Zucker oder mehr, das tut hier nichts mehr zur Sache. Die Frau entdeckt Teddy auf der Ablage, zeigt auf ihn und dann auf ihr Kind. Wie kann ich ihr ohne Sprache erklären, dass der Herr Teddy Bär nur unser Gast ist?! Ich schüttle traurig mit dem Kopf, die Frau lächelt dennoch, Mann und Frau bedanken sich und sind so schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen sind. Der LKW Fahrer ist derweil ins Fahrerhaus geklettert, legt den Vorwärtsgang ein, wir den Rückwärtsgang....an der nächst besten Stelle, fahren wir von der Piste ab, der LKW an uns vorbei und wir haben wieder freie Fahrt.
Kurz hinter dem Haus teilt sich die Piste. Wir nehmen den rechten, nun wesentlich breiteren Weg. Laut GPS führt dieser zurück zur Straße.
Kurz hinter Ifrane (wir sind ohne anhalten durch gefahren, erstaunt darüber, dass dieses Städtchen wie ein großes alpines Dorf aussieht mit Häusern, die unsere deutschen Mittelklassehäusern in nichts nachstehen) steht so Gott will, also Inschallah :-) der Sprinter von Uli und Gisela, wir halten erfreut an, reden eine Weile, verabschieden uns zum zweiten Mal an diesem Tag, denn Inschallah, vielleicht begegnen wir uns ja auch noch ein drittes Mal.
Weiter geht es zum Zedernwald bei Azrou. Wir biegen von der Hauptstraße ab, nur das wir diesmal nicht die einzigen sind, die den unbefestigten Weg nehmen. Der zur angeblich größten, dicksten und ältesten Zeder von Marokko führt. Die zwar leider schon das zeitliche gesegnet hat, aber dennoch noch äußerst imposant auf uns herunter schaut. Fasziniert stellen wir fest, dass es sich hier um ein beliebtes Ausflugsziel der Marokkaner handelt. Wir steigen mit Freddy aus, der die Affen sieht und wie verrückt an seiner Leine zieht, während die Affen bei seinem Anblick kreischen. Frank und ich sehen uns an, nein, es ist keine gute Idee, Freddy hier mitnehmen zu wollen. Also muss er zurück ins Auto, zu Teddy. Beide können das Spektakel durch die Frontscheibe betrachten.
Ich kaufe bei einem Händler zwei Kilo Bananen, Frank schaut mich
zweifelnd an, „Willst du die alle essen?“ Ich muss lachen. Ja, da bin ich wohl im Vorteil. Denn mit Affen kenne ich mich aus. Entweder hat man gar nichts in der Hand und auch nichts an sich, wie Taschen oder Kameras.....oder so viel und davon auch noch das Richtige, dass man sich bei Bedarf „frei“ kaufen kann. In Thailand setzte ich bei einer Wanderung mal meinen Rucksack ab, öffnete ihn und da gab es auch schon einen Plumps. Ich traute meine Augen kaum, denn in meinem Rucksack saß ein halbwüchsiger Affe! Was soll ich nur tun, fragte ich mich. Rucksack offen lassen, warten bis der Affe wieder raus springt? Aber was ist, wenn der Affe dann mit Portmonee´ und Ausweispapieren auf die nächste Palme springt? Rucksack wieder zu machen und auf den Rücken setzen? Völlig absurd! Rein fassen und Affen raus ziehen? Und wenn der mich dann beißt?!
Ich rief nach meinem Sohn und meinem damaligen Reisebegleiter, „Wartet doch mal, ich habe da einen Affen im Rucksack sitzen.“ Versteht sich von selbst, das beide sich nur kurz umdrehten und mir den Vogel zeigten. Wie ich den Affen dann doch noch raus bekam? Ich habe den Rucksack für einige Minuten verschlossen gehalten, während der Affe darin herum tobte. Warum? Um ihm Angst zu machen. Und dann habe ich den Rucksack rasch und weit geöffnet und der kleine Witzbold sprang wie vom Blitz getroffen heraus, erglomm die nächste Palme und zwar ohne etwas von mir in der Hand zu halten.
Und im Norden von Sri Lanka, bei der Besichtigung einer Tempelanlage, rief plötzlich meine zwölfjährige Tochter, „Mama, mir hängt da ein Affe am Bein!“ Nach der ersten Schrecksekunde schmiss ich einen Keks Richtung Affe und Kind.....der Affe ließ meine Tochter los, schnappte sich den Keks und meine Tochter sich meine Hand.
Was es mit den Bananen auf sich hat, erfährt Frank wenig später. Zunächst esse ich drei und dann kommt auch schon der erste Affe auf uns zu. Er will eine Banane und bekommt sie. Sicherlich kann man sich jetzt wieder streiten, ob man wild lebenden Affen Futter geben sollte oder nicht. Aber wie schon bemerkt, der Affenwald von Azrou ist vor allem ein Ausflugsziel für marokkanische Familien. Wir gehen ja auch mit unseren Kindern in den Zoo oder halten uns Tiere die in freier Natur besser aufgehoben wären. Und die Affen finden das Arrangement im Wald frei zu leben und sich dennoch nicht ums essen kümmern zu müssen, sicherlich auch ganz angenehm. Interessant sind die verschiedenen Charaktere unter den Affen (genau wie bei uns :) Menschen). Es gibt die ganz pingeligen, die eine geschälte Banane, die im Dreck gelandet ist, beleidigt verschmähen. Die weniger pingeligen, die das Bananenstück aufheben und es solange säubern, bis auch kein Krümelchen Dreck mehr dran klebt, die ganz und gar nicht pingeligen, die alles in ihren Mund stecken, was ihnen vor die Hände kommt. Es gibt die eifersüchtigen, die es nicht ertragen können, wenn sie nicht zuerst und das meiste bekommen und darauf mit wildem Gebrüll reagieren. Des weiteren die Draufgängertypen, die so aggressiv und fordernd daher kommen, dass es alle in ihrer Nähe mit der Angst zu tun bekommen …..und ihre Bananen gleich als Staude hinwerfen, bevor sie selbst die Flucht ergreifen. Und dann gibt es noch die ganz braven.....und zu
einem von diesen hocken wir uns hin, ich schäle in aller Ruhe eine Banane, reiche ihm ein Stück, er nimmt es sehr zart aus meiner Hand, isst langsam, wartet geduldig mit leerem Mund bis ich ihm das nächste Stück gebe. Frank macht derweil Bilder, dann tauschen wir die Rollen. Um uns herum rollen jetzt die marokkanischen Familien ihre Teppiche aus, holen Fladenbrot, Oliven und Obst aus ihren Taschen, entzünden ein kleines Holzkohlefeuer auf das die Tajinen gestellt werden, die meistens aus Keramik bestehen und zum garen von Fleisch und Gemüse dienen. Wir gehen zurück zu unserem Auto und damit zu Freddy und Teddy, umfahren den Picknickwald und bestaunen nun aus dem Auto heraus den herrlichen Zedernwald.
Raus aus dem Wald erwartet uns Weite, Weite, Weite. Die Landschaft ist so grandios hier. Auch habe ich noch nie so viele Schafherden gesehen und so viele Esel. Grasend oder beladen mit Waren oder/ und einem Reiter. Den vereinzelten Pferden wurden die Vorderbeine zusammen gebunden, damit können sie nicht weglaufen, was schon traurig aussieht, wie sie so von einem Grashalm zum nächsten hüpfen. Und dann haben wir eine Kollision mit einem Pferd, wenn auch, Gott sei Dank, sehr sehr sanft für Pferd und Auto. Wir fahren mit siebzig Kilometer die Stunde und da betritt das Pferd die Straße. Frank bremst leicht ab, denn eigentlich bleiben doch die Tiere hier stehen, wenn sich ein Fahrzeug nähert. Nicht so dieses Pferd. Frank bremst stärker, lenkt dann das Auto Richtung Weide und zwar Richtung des Hinterteils vom Pferd, doch jetzt bleibt es stehen ( es ist gut auf das Hinterteil zu zielen, denn, wenn das Tier weiter läuft ….ist es auch weg. Zielt man Richtung Kopf...genau :-( dann läuft es einen ins Auto). Also es kommt zur sanften Berührung. Das Pferd ist nicht weniger verdutzt wie wir.....wir schauen uns gefühlte fünf Minuten an, ich denke schon, ich sollte aussteigen und das Pferd von der Straße führen. Aber da setzt es sich von allein in Bewegung und wir damit auch.
Wenig später halten wir an, Frank packt unsere Campingstühle aus, ich bereite uns an unserem Outdoortisch (also auf dem Sandblech) einen leckeren Salat zu und wir lassen es uns schmecken. Ich kann mich nur noch mal wiederholen, es ist mehr als berührend was sich unseren Augen hier bietet..... grandiose Weite und Schönheit.
Einige Kilometer nach unserem Picknickplatz sehen wir den Sprinter von Gisela und Uli erneut. Frank und ich schauen uns an, grinsen und nicken. Inschallah.....dann soll es so sein. Uli hatte uns auf dem Zeltplatz in Fes, wo wir uns zum zweiten Mal begegneten (das erste Mal war auf der Fähre), Frank gefragt, ob er Wüstenerfahrung hätte. Ja, hat Frank. Und damit kam die nächste Frage, ob wir zusammen durch die Wüste fahren könnten, da Uli und Gisela (ebenso wie ich) noch nie in der Wüste waren, geschweige denn durch gefahren wären. Frank sagte auf seiner typischen Art erst mal gar nichts und dann ganz gelassen, „Warum nicht?! Wenn es so sein soll, dann werden wir uns bestimmt noch mal begegnen.“ Kein Austausch von Telefonnummern, kein Treffpunkt sondern nur ein Inschallah.
So, und damit ist die Entscheidung gefallen. Wir werden zusammen Richtung Wüste fahren und durch diese hindurch. Und so halten wir an, verabreden uns für 18 Uhr am See Lac Aquelmame Sidi Ali, den Uli und Gisela sich für diese Nacht als Schlafplatz auserkoren haben und der in ihrem Womoführer als guter Platz zum übernachten aufgelistet ist.
Frank und ich sind zuerst da. Der See und die ganze Gegend wirkt irgendwie düster. Das einzige Hotel am See (und damit auch das einzige Haus weit und breit), drei Kilometer von der Straße entfernt, wirkt verlassen, dennoch treffen wir drei männliche Rucksacktouristen auf dem Weg dort hin. Gisela und Uli die kurz nach uns ankommen, sehen es auch so und damit heißt es, einen neuen Schlafplatz für die Nacht finden.
Den wir noch vor Sonnenuntergang entdecken oder korrekter gesagt Frank. Der mittels GPS entlang unserer Straße nach interessanten Einträgen sucht und dabei ein Flussbett entdeckt, an dessen Ufer es sicherlich einen guten Platz für die Nacht gäbe. (Hier die Betonung am Ufer, nicht im Flussbett. Denn laut einer Statistik sind wohl bereits mehr Menschen in der Wüste ertrunken als verdurstet. Wieso? Wegen Flutwellen die von weit entfernten Unwettern in einem trockenen Flussbett entlang geschossen kommen. Und was für die Wüste gilt, gilt sicherlich auch fürs Gebirge.) Und da sind wir wieder bei hätte, wäre, gäbe und Co …...denn hier am Flussbett gibt es keinen schönen Platz. Aber
dafür nur wenige hundert Meter weiter, in einer Art Steinbruch. Wir
stellen unsere Autos ab, an einer von Blicken und Wind geschützten Stelle, in einen kleinen Canyon. Es gibt nur einen Weg hinein und damit auch nur einen wieder heraus. Wir stellen die Campingstühle auf, gehen Feuerholz sammeln, was sich als äußerst schwierig erweist, denn wie schon erwähnt, hier im mittleren Atlas liegt kaum was am Boden herum. Wir finden weniges trockenes raues Gras zum anzünden, kleine vereinzelte Zweige und allerhand trockenen Schaf- und Kuhdung. Das sollte für ein Feuer reichen. Gisela und ich kochen zusammen, die Männer gehen auf die Jagd....also sie
schießen Bilder vom sensationellen Sonnenuntergang. Und treffen dabei auf einen alten Hirten der auf seinem Esel seine Schafe nach Hause treibt. Sehr idyllisch anzusehen....und das aus den Mündern von Männern!
Während wir essen, sehen wir an der ca. fünfzehn Meter hohen Abbruchkante die unser Lager umgibt, erst Kühe auftauchen und dann einen jungen Hirten, der zu uns herunter winkt. Wenig später taucht er mit seinen vier Hunden an unserem Rastplatz auf, streckt uns über das ganze Gesicht lachend seine Hand entgegen und ruft „Bonjour“. Das war es dann auch schon mit seinen französisch Kenntnissen, wir sprechen seine Sprache nicht, er nicht unsere, in englisch können wir uns auch nicht unterhalten. Also schauen wir uns alle an, grinsen, lachen, grinsen, lachen. Als wir ihm was von unserem Tisch zum essen abgeben wollen, verneint er. Es ist sehr offensichtlich, dass dieser junge Mensch glücklich ist mit dem was ist und das ist heute die Begegnung mit uns. Nach mehr verlangt es ihm nicht. Jedenfalls nicht jetzt und hier. So wie er gekommen ist, geht er auch wieder, jedem seine Hand entgegen streckend, dabei über das ganze Gesicht strahlend, mehr rennend als gehend.
Wir entfachen unser Feuer und freuen uns auf die erste Nacht in der „Wildnis“ von Marokko.

2 Kommentare:

  1. Da bekommt man Lust auf Marokko. Abseits der Touristenpfade. Klasse!

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  2. Das ist so toll geschrieben. Ich bin gefühlt bei Euch und kann nicht aufhören weiter zu lesen. Muss doch aber noch so viele Dinge erledigen ;-)

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