Freitag, 29. April 2016

Marokko Reise 2016 - Freitag, den 01.04.2016

Heike
Wir sind auf Tour :-) Hurra :-)

Unser erster Urlaubstag, Frank sagt, zweiter Tag......Zählt ein Tag als Urlaubs- oder Reisetag (wie er es nennt), wenn wir erst 19.30Uhr losgefahren sind?

Die Nacht verbrachten wir in unserem Dachzelt in Allershausen, 2 - 3 km von der Autobahn entfernt, direkt neben einer großen Sportanlage, ruhig und dunkel (für mich wichtig, Frank könnte auch neben einer mit Laternen übersäten Autobahn gut schlafen) nur wenige Meter von der Aller entfernt, über die eine herrliche überdachte Holzbrücke führt.


Die ich mit Freddy bei Sonnenaufgang überquere und dabei so in mich hinein spüre......ich freue mich riesig die nächsten 26 Tage, so gut wie jede Minute mit Frank und Freddy zusammen zu sein. So richtig in Urlaubsstimmung bin ich jedoch nicht. Und das wir wirklich auf dem Weg nach Marokko sind.....ich weiß es, fühlen …..nein, noch nicht.

Ich frage mich, ob es wohl vielen Freiberuflern/ Selbstständigen so geht, die bis zur letzten Minute arbeiten und ihr Körper zwar schon „los gereist“ ist... aber ihr Geist und ihr Herz eben noch nicht. Ich war gestern erst kurz nach 16 Uhr mit meiner „Arbeit“, „Tätigkeit“, „Job“ fertig (irgendwie will da kein Wort passen, wahrscheinlich, weil mir das, was ich tue, meistens Freude bereitet) .... duschen, restliche Sachen ins Auto (Frank hat schon das meiste eingeladen) Verabschiedungsrunde, Kinder, Eltern …. 19.30 Start.

Ein tolles Gefühl in dieses echt coole Auto zu steigen (ein anderes Adjektiv passt da einfach nicht). Von draußen ein echter Hingucker, für mich die Verkörperung von Abenteuer und Freiheit :-) ... und von innen.....bleibt es cool. Ich liebe es durch die kleine Frontscheibe zu sehen und ebenso die Nähe zwischen Fahrer und Beifahrer. Immer wieder rutscht meine Hand zu Frank herüber, kommt auf seinem Oberschenkel zu liegen, streichelt seinen Hals, grault seinen Kopf. Und er, der Fahrer?! Er strahlt, Mundwinkel und Ohren kommen sehr nah.

Und, wie ist so ein Auto noch von innen? Bis auf den letzten Zentimeter ausgenutzt. Wir haben einen Schlafbereich von 1,10 Meter Breite und 2,00 Meter Länge, eine Toilette, eine Außendusche, jeder von uns drein hat eine eingebaute Kiste für seine persönlichen Sachen, also für Klamotten, Waschzeug und so. Nur bei Freddy ist das ein wenig anders :-), in seiner Kiste ist eine extra Decke, zwei seiner geliebten Plastikenten, Beißkorb (falls das mal irgendwo verlangt wird), Leine und sein Futter für 26 Tage. Weiterhin gibt es eine Kiste für Getränke, zwei Kisten für Lebensmittel, zwei Kisten mit Ersatzteilen und Werkzeugen, eine Kiste für Camping- und Technikequipment, einen Safe, einen Wassertank mit vierzig Liter und noch mal zwei Kanister zu je 10 Liter Wasser, zwei Tank´s für 180 Liter Diesel, zwei bequeme Campingstühle, ein Campingtisch, ein Kocher und nicht zu vergessen unsere Küchenkiste. Draußen am Auto befindet sich eine Schaufel, vier Sandbleche sind anmontiert, wobei das eine Paar auch als abklappbarer Tisch angedacht ist (Frank ist echt genial, nicht nur was die Doppelnutzung von Sandblechen betrifft), auf dem Dach befinden sich zwei Solarzellen die unsere Kühlbox mit Strom versorgen und dann haben wir auch noch eine ausrollbare Marquise.

Also alles da. Allerdings sollte es nicht mehr als zwei Tage regnen.... Innen kochen ist nicht, sich zu zweit gleichzeitig anziehen ebenso wenig, gemütlich Karten spielen / essen / lesen?! Wenn es jemand gibt der gemütlich spielen / essen / lesen kann, während er die ganze Zeit seinen Kopf einzieht....dann ja. Für uns gilt das nicht. Wir sind dafür schlicht weg zu groß (1,74 und 1,86).

Einen einzigen Vorteil hat schlechtes Wetter dennoch. Zumindest für mich. Dann beginnt der Tag beim Bäcker oder noch viel besser beim Konditor.

Und da ich bei Vorteilen bin. …...Also dieses Schmuckstück von Fahrzeug ist mehr als pistengängig (Allrad-Antrieb, Untersetzung, Hinterachssperre, große Bodenfreiheit) Des weiteren sehr anpassungsfähig: Mit aufgeklapptem Dachzelt ist es ein kleines Wohnmobil. Ist das Dachzelt nicht aufgestellt, zählt er schlichtweg als PKW. Für was das wichtig ist? Für uns gibt es damit nicht die unzähligen Wohnmobil-Verbote …..Verbot für die Straße, das Städtchen, den Strand …....Apropo Strand .....mit unserem Toyota kann man auch direkt durch ein ausgetrocknetes Flussbett fahren bzw. mit dem Flussbett mit und dann an einem einsamen Strand raus kommen.... das haben wir letztes Jahr auf Elba getan.

So, und damit kommt die Vorfreude. Frank sagt, wir fahren in Marokko nicht nur durch ein ausgetrocknetes Flussbett sondern durch viele, zudem durchkreuzen wir auch Flüsse mit Wasser, fahren über ausgetrocknete Salzseen, Dünen auf und ab und sogar auf einen Berg hinauf von 2700 Metern.

Und beim Thema Vorfreude sehe ich doch unsere leere Kiste auf dem Dach, eine alte Bundeswehrkiste, die hat Frank extra kurz vor der Abfahrt noch drauf geschnallt, weil er meint, „Ins Auto kommt nichts zusätzliches rein. Du kannst soviel an Geschenken oder anderen Klimbim einkaufen, wie in die Kiste passt.“ Na, wenn das kein Angebot ist. Eine Kiste von 80 x 60 x 20 cm für mich allein. Was da alles reinpasst. Stoffe, Gewürze, Muscheln, Töpfersachen, Duftsteine.....

Und so strebe ich mit Freddy nun im Eilschritt zurück, über die Aller und die schöne Holzbrücke ...zu Frank und unserem Toyota....Oh ja, es geht los, Richtung Marokko.

Kurz vor Frank stoppe ich. Kennt das jemand? Man ist wach und glaubt dennoch zu träumen.....und plötzlich macht es klick im Kopf ….das habe ich doch mal geträumt und jetzt...jetzt.....und ja, jetzt ist es Realität.

Wie ich das meine? Mm....ein Erklärungsversuch:

Die meisten von uns haben Träume. Manche haben gelernt, Träume wegzuschieben, sich nicht mit so etwas unnützen kindischen zu beschäftigen, keine Zeit dafür zu opfern....schließlich sei man doch schon groß. Andere nehmen ihre Träume ernst, sie tagträumen ganz bewusst. Dazu gehöre ich. Ich gehe in meine Träume hinein …. wie fühlt es sich an, wenn dies oder jenes eingetreten ist. Fühlt es sich so an, wie ich es mir vorgestellt habe? Bin ich dabei glücklich? Manche Träume verlieren sich, manche werden schnell wahr, andere benötigen mehr Zeit …....und dann gibt es die Träume, die starke Glücksgefühle auslösten und die dennoch in die Vergessenheit hinein trudelten. Ohne das etwas davon real geworden ist.

Wie mein Traum von Afrika und einem Geländewagen.... Ich wurde u.a. Hebamme, weil ich nach Afrika wollte. Als DDR Bürgerin Afrika bereisen, dort leben?! Keine Möglichkeit! Seit denn man leistete Entwicklungshilfe. …..Ich sah mich im Geländewagen durch flache Ebenen fahren, glühende Hitze, vereinzelte Bäume, hindurch durch Flüsse......

Kaum die Ausbildung beendet hörte ich mich um. Entwicklungshelfer für Äthiopien wurden gesucht. Bewerbungsanliegen wären der Oberin des Krankenhauses vorzutragen. Gehört, getan.

Wabbelige Arme verschränkten sich über einer dicken Brust, „Nehmen Sie ihre Papiere gleich wieder mit. Sie stehen bei verschiedenen Institutionen am schwarzen Brett. Sie können von Glück reden, dass sie überhaupt noch ein Visa für Ungarn erhalten.“

..... zwei Jahre später stellte ich den Ausreiseantrag. Als die Wende kam, war ich noch immer DDR Bürgerin und mittlerweile überglückliche „alte Erstgebärende“ , ja so hieß das in der DDR, denn da war die Kinderplanung in aller Regel mit 25 Jahren abgeschlossen.... wie gesagt abgeschlossen, also zweites und damit meist auch letztes Kind geboren. Ich wurde dreieinhalb Stunden nach der Geburt meiner ersten Tochter 24 Jahre. Mit Baby oder auch Kleinkind nach Afrika gehen?! Bei mir reichte der Mut nur für eine Pauschalreise nach Kenia. Dafür lebte ich einen anderen Traum. Mit meinem Ex – Mann gründete ich eine Familie mit drei Kindern, wir bauten ein altes Haus aus, gingen auf Reisen mit einem leicht rostigen & unbemalten Iveco – Bus ….. nach zwanzig meist sehr glücklichen Jahren …...da war es vorbei.

Und nun, fast dreißig Jahre nach meinem Traum von Afrika und Geländewagen, sieben Jahre nachdem mein Traum der Großfamilie arge Blessuren erhielt......stehe ich an der Aller …...und was sehe ich? Einen Geländewagen. Und was weiß ich? Das dort ein Platz für mich frei ist. Und welches Ziel hat der Wagen? Afrika!

Und wer sitzt in dem Wagen? Ein Mann den ich mir ebenfalls erträumt habe :-) …. Ein Mann der mit beiden Füßen auf dem Boden steht und der dennoch der absolute Abenteurertyp ist. Was verbindet uns? Ganz ganz ganz tolle viel Liebe und Gemeinsamkeiten. Wir sind beide Familienmenschen, sind gewohnt Verantwortung zu tragen, sind voll und ganz alltagsfähig, lieben die Natur, uns ( ja, ich weiß ich wiederhole mich), haben eine große Portion Gelassenheit, Neugier und Vertrauen und wir sind verrückt danach zu reisen.

Wie wir uns gefunden haben? Zunächst …..wir haben uns nicht gesucht.

Des weiteren? Wird hier nicht verraten.

Also ich springe ins Auto, küsse Frank und drücke meinen rechten Fuß durch und gebe Gas….. Warum denn nicht? Als Beifahrer bremst man doch auch des öfteren mit.
 
Wir fahren bis München, schauen beim Därr rein (Expeditionsausrüster), kaufen nichts, da der Laden seit seinem Umzug nicht nur an Größe eingebüßt hat :-( , rufen einen Freund an, ob er Zeit für ein gemeinsames Frühstück hat.... hat er leider nicht. Rufen dann eine Freundin an, die in Murnau lebt und in Polen groß geworden ist. Wir verabreden uns in dem kleinen hübschen bayrischen Städtchen mitten in der Einkaufs- und Cafe` Meile. Drücken, Umarmen, Küsschen, lachen …...und da sie ebenso gern Torten isst ….wie ich …..sitzen wir auch recht schnell vor Johannisbeer- Baiser– und Rhabarbertorte. Währenddessen Frank noch auf seine Semmeln mit Butter, Marmelade und Ei wartet.

Nachdem Frühstück geht es auf die Wiese am Schloss... Spielstunde mit Kaschas Tochter, Freddy und Teddy.

Weiter geht es über Garmisch, von dort über den Fernpass nach Landeck, dem Inntal folgend reisen wir in die Schweiz ein, fahren nach St. Moritz und über den Malojapass nach Italien / Chiavenna. Wer Berge mag kann diese Strecke nur lieben. Bei St. Moritz auf einer Höhe von 1700 Metern folgt ein See dem anderen. Wir halten am zweiten See, dem Silvaplanasee. Freddy jault vor Freude. Er hat den Schnee gesehen..... Im Galopp rein in den Schnee, Ente vergraben, wieder ausbuddeln, wälzen....... Eine Zeitlang schauen wir zu, schmeißen ein paar mal seine Ente, lachen über seinen Übermut und fragen uns im Geheimen, was ein Hund der so dermaßen den Schnee liebt ….. zum heißen Sand in der Wüste wohl bellt. 


Einige Kilometer weiter beginnt die „Abfahrt“ vom Malojapass. Noch 40 Kilometer trennt die Schweiz von Italien. Kleine Dörfer tauchen auf....die Dächer der Häuser allesamt mit uraltem Schiefer gedeckt, die Wände aus Feldsteinen errichtet, die ebenso als Abgrenzungen für die winzigen Gärten dienen. Falls Beete existieren sind diese meist durch kleine Buchsbaumhecken unterteilt. Der Schnee ist hier schon weg getaut, alles wirkt grau und schmucklos. Schlicht und natürlich trifft es ebenso. Mitten in den Dörfern oder zwischen den Ortschaften alte geschwungene Steinbrücken, wo ich Lust bekomme einfach mal so über eine drüber weg zu spazieren. Franks Begeisterung fällt wieder auf die knutschenden Steine. Zwei riesige Felsbrocken, die sich über der Straße in einem Kuss treffen, hoch genug, dass auch Busse und Lkw´s unter ihnen hindurch passen. 


Kurz hinter der Grenze halten wir am ersten italienischen Restaurant. Von außen unscheinbar, von innen ganz gemütlich. 


Crotto ghiggi, heißt es. Ich freue mich über den ersten italienischen Espresso, Frank trinkt ( wie meistens ) eine Cola. 




Obwohl noch immer Berge um uns herum, die erlaubte Durchschnittsgeschwindigkeit weiterhin zwischen sechzig und achtzig pendelt, wir weiter einem Fluss folgen, der jetzt allerdings nicht mehr der Inn ist, es weiterhin schiefergedeckte Häuser gibt, ändert sich hier in Italien erhebliches. Blumenkübel dicht an dicht, auf jeder noch so kleinen Terrasse, jedem noch so winzigen Balkon, jedem noch so zwergenhaften Garten. Und dazu sind wir im Frühling angekommen, nach nur vierzig Kilometern.... Riesige Büsche fast schon Bäume mit blühenden Kamelien (ich kenne blühende Kamelien bei uns nur aus dem Schlosspark Pillnitz, konkret eine Kamelie, die Kamelie, die ihre eigene sehr teure Bebauung im Winter genießt) Alles blüht hier zugleich, Kamelie, Rhododendron, Oleander, Osterglocken, Schlüsselblumen, Veilchen, Stiefmütterchen, Buschwindröschen, Blausterne, wilde Primeln, Apfel- und Pfirsichbäume, Rosmarin, Wacholder und sogar die Schwertlilie. Dabei bin ich mir sicher, dass die Schwertlilie also die Iris doch eine Frühsommerblüherin ist. Mm …. 




Unser heutiges Schlafdomizil wird der Comersee sein. Konkret der Parkplatz vom Kloster Abbazia di Piona. Zuvor kehren wir noch in einer Trattoria ein. Nicht besonders gemütlich aber herrlicher Blick auf den See, Sonnenuntergangsstimmung, leckere Pizzen... Der Anfahrtsweg zum Kloster, ich liebe ihn. Es geht durch sehr enge Gassen, über Kopfsteinpflaster und an moosbedeckten Felswänden entlang und dann dieser Blick über den See. ….Wie im Oktober ( da haben wir auch hier gestanden auf dem Weg in die Toscana) sind wir auch diesmal die einzigen Schlafgäste. Und ich fühle mich erneut von diesem Platz in eine Art „Bann“ gezogen. Im Oktober sagte ich zu Frank, „Hier muss doch mehr sein, als ein Parkplatz auf dem man über Nacht auch mit Womo stehen darf. Ich spüre hier eine Art weiblicher heilender Energie.“ Frank schaute mich erst fragend an, dann zweifelnd. Es hätte nur noch gefehlt er hätte mir eine Hand auf die Stirn gelegt. Stattdessen schaute er in sein Handy und sagte , „Hier ist ein Kloster. Ob hier Nonnen oder Mönche leben ist nicht raus zu lesen.“ Als wir das Klostergelände betraten schlichen sich Zweifel in mir ein. Sollte mich mein so gutes Bauch/ Herzgefühl getäuscht haben? 


Jetzt im April, eine Stunde nach Sonnenuntergang ist sowohl das große gusseiserne Tor verschlossen, wie auch die kleine Pforte daneben. Und es ist zu kalt um die Campingstühle aufzustellen. Also Dachzelt aufgestellt, schnell die Zähne geputzt, in unsere Schlafsäcke gekrochen und aneinander gekuschelt.

In der Nacht werde ich wach. Zunächst liege ich nur da, schaue durch das Gagenfenster auf den See und auf die gegenüberliegende beleuchtete Stadt, dann stehe ich auf, ziehe meine dicke Jacke über und gehe mit Freddy bis zum Klostertor. 


Ich kann es kaum abwarten, dass die Klosterpforte am morgen öffnet.

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